Robert Mueller sagt aus Hoffen auf Munition für Wahlkampf gegen Trump

Washington · Anhörungen im US-Kongress stehen fast immer im Zeichen harten politischen Tauziehens. Doch wenn Robert Mueller, der Sonderermittler der Russlandakte, auf Capitol Hill aussagt, dürfte das Tauziehen so heftig ausfallen, wie man es selbst in der aufgeheizten Atmosphäre des amerikanischen Parlaments mit seinen tiefen Gräben zwischen beiden Parteien nur selten erlebt.

 US-Sondermittler Robert Mueller neigt nicht zu dramatischen Auftritten.

US-Sondermittler Robert Mueller neigt nicht zu dramatischen Auftritten.

Foto: AP/Carolyn Kaster

Die Demokraten hoffen auf einen Zeugen, der ihnen mit Blick auf die Wahl 2020 Munition gegen Donald Trump liefert. Die Republikaner wollen den Vorwurf erneuern, der Ermittler habe mit zweijährigen Nachforschungen nur Zeit verschwendet, die man für Sinnvolleres hätte nutzen können.

 Wäre es nach Mueller, 74, gegangen, würde er am morgigen Mittwoch bestimmt nicht in einem holzgetäfelten Saal auf dem Kapitolshügel Washingtons sitzen, um sich bohrende Fragen stellen zu lassen. Schon Ende Mai, als er überraschend an die Öffentlichkeit ging, glaubte er einen Schlussstrich gezogen zu haben. Die Regeln des Justizministeriums, erläuterte er, hätten ihm nicht gestattet, eine Klageschrift gegen Donald Trump aufzusetzen. Denn solange ein Präsident sein Amt ausübe, dürfe man keine Klage gegen ihn erheben. Zwar hatte Mueller auf 448 Seiten mehrere Fälle geschildert, die als Behinderung der Justiz interpretiert werden konnten, deren Wertung jedoch William Barr, dem zuständigen Minister, überlassen. „Wären wir uns sicher gewesen, dass der Präsident eindeutig keine Straftat beging, hätten wir es auch so gesagt“, stellte er immerhin klar. Seine Aussage sei der Bericht, er habe dem nichts hinzuzufügen, auch nicht im Parlament.

 Trotzdem schickte ihm die Abgeordnetenkammer eine Zwangsvorladung. Nun wird er drei Stunden lang im Zeugenstand des Justizausschusses sitzen, bevor er dem Geheimdienstkomitee für zwei Stunden Rede und Antwort steht. Beide Ausschüsse werden inzwischen geleitet von Demokraten, deren Partei bei den Midterm-Wahlen die Mehrheit im Repräsentantenhaus eroberte. Damit einher geht der dringende Wunsch, das Kapitel Justizbehinderung noch einmal aufzurollen.

 Viele Amerikaner, argumentiert Adam Schiff, Chef des Intelligence Committee, hätten den Report des Ermittlers bis heute nicht gelesen, zumal er in trockener Juristensprache abgefasst sei. „Wir wollen, dass Mueller ihn mit Leben erfüllt.“ Schiffs Parteifreundin Jackie Speier malt sich so etwas wie die Vokalisierung eines Aktenstapels aus. Selbst wenn Mueller nichts anderes tue, als Passagen seines Berichts vorzulesen, sagt sie, wäre das eine kraftvolle Botschaft.

 Offensichtlich geht es Trumps Widersachern darum, Munition für den Wahlkampf im kommenden Jahr zu sammeln, wobei offen bleibt, wie weit sie dabei gehen. Nancy Pelosi, die Präsidentin des Parlaments, in dieser Frage eher skeptisch, warnt davor, den Bogen zu überspannen. Aber 92 Abgeordnete, fast zwei Fünftel der Fraktion, plädieren für ein Amtsenthebungsverfahren (Impeachment). Von Mueller versprechen sie sich, dass er schnörkellos aus­spricht, was er im Mai andeutete: Dass Trump auf der Anklagebank säße, würde ihn die Immunität des Amts nicht davor schützen. 

 Die Republikaner wiederum gedenken einen Juristen ins Kreuzverhör zu nehmen, den einige von ihnen als Handlanger von Hexenjägern porträtieren. Am Ende, prophezeien Experten, könnte es mit einer Enttäuschung für alle Seiten enden. Wenn Mueller, von 2001 bis 2013 FBI-Direktor, ein alter Profi der politischen Bühne, zu etwas nicht neigt, dann ist es die dramatische Zuspitzung. Statt munter aus dem Nähkästchen zu plaudern, beschränkt er sich oft aufs Allernötigste. Über 60 Mal hat er im Laufe seiner Karriere bereits vor dem Kongress ausgesagt – ohne dass sich jemand an einen echten Paukenschlag erinnern könnte.

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