Sinn und Unsinn eines Fünf-Milliarden-Geschäfts

Stuttgart. Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss gilt als "schärfstes Schwert der Opposition". Etwas anders gelagert ist der U-Ausschuss des baden-württembergischen Landtags, der ab Freitag die Umstände des EnBW-Aktienankaufs durch die Regierung von Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) untersucht

Stuttgart. Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss gilt als "schärfstes Schwert der Opposition". Etwas anders gelagert ist der U-Ausschuss des baden-württembergischen Landtags, der ab Freitag die Umstände des EnBW-Aktienankaufs durch die Regierung von Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) untersucht. Der grün-roten Koalition dient die Aufdeckung des sogar mit einem Codenamen getarnten Geheimdeals der finalen Abrechnung mit der abgewählten Mappus-Regierung. Dass diese bei dem knapp fünf Milliarden teuren Geschäft durch Ausschaltung des Parlaments die Verfassung verletzte, hat bereits der Staatsgerichtshof festgestellt. Dennoch sind viele Fragen offen geblieben.Denn längst gilt der zunächst von allen Seiten begrüßte Wiedereinstieg bei dem Energieversorger als Belastung für das Land. Der Wert der Aktien hat mindestens um zwölf Prozent verloren, man rechnet mit einer Milliarde Euro Verlust. Neben den Umständen des Verfassungsbruchs steht also auch die Frage, wer den Schaden zu verantworten hat.

Zur Aufklärung hat der U-Ausschuss denkbar wenig Material zur Verfügung. Der interne Bericht der grün-roten Landesregierung, für den Akten in der Regierungszentrale sowie der beratenden Firmen ausgewertet wurden, ist nur 18 Seiten lang. Nach einigem Hin und Her hat nach der beratenden Anwaltskanzlei Gleiss Lutz nun auch die damals mit den Kaufverhandlungen beauftragte Investmentbank Morgan Stanley ihre Akten freigegeben. Ob dies ausreicht, um alle Entscheidungslinien nachzuvollziehen, ist jedoch fraglich.

Der grün-rote Regierungsbericht vermittelt zumindest den Eindruck, dass der als wirtschaftspolitischer Coup gedachte Aktienkauf geradezu konspirativ ohne jegliche Beteiligung der Verwaltung eingefädelt wurde. Wie auch immer der U-Ausschuss die überlieferten E-Mails, Telefon- und Gesprächsprotokolle von Gleiss Lutz und Morgan Stanley bewertet - sie belegen Mappus' tiefes Misstrauen gegenüber Mitarbeitern und Kabinettskollegen. Nur Ex-Staatsminister Helmut Rau (CDU) soll eingeweiht gewesen sein.

Für viel Wirbel wird die Frage nach einem möglichen Schadensersatz sorgen. Der Ausschuss will klären, ob dem Land ein Schaden entstanden ist durch "den tatsächlichen Ablauf des Ankaufs der Anteile", der bei "pflichtgemäßer Beratung" nicht entstanden wäre. Die Rolle der Bank wie auch der Kanzlei Gleiss Lutz, die beide nicht über eine Ausschreibung an den lukrativen Beratungsauftrag kamen, steht deshalb ebenfalls im Fokus des Interesses. Vor allem für Morgan-Stanley-Chef und Mappus-Trauzeuge Dirk Notheis dürfte die Befragung unangenehm werden. So steht der Vorwurf im Raum, dass das Aktienpaket für einen viel zu hohen Preis gekauft wurde. Notheis gilt auch als wichtiger Zeuge dafür, ob der frühere Anteilseigner EdF tatsächlich keinen Parlamentsvorbehalt akzeptierte.

Unterlagen vermitteln den Eindruck, dass Mappus' juristische Berater ihn durchaus darauf hinwiesen, dass das Parlament in den Kauf einbezogen werden müsse. Trotzdem entschied sich der Ex-Regierungschef offenbar bewusst dagegen. Ob seine Berater tatsächlich vorher grünes Licht gaben, wird Mappus bei seinem Zeugenauftritt am 9. März erklären müssen. Vorab hat er angekündigt, auf "die diffamierenden Angriffe und Verleumdungen" angemessen zu reagieren.

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