Sicherheit ist nirgendwo
Meinung · Es sind die üblichen Reflexe: Fassungslos blicken die Menschen in aller Welt auf die medial verbreiteten Schreckens-Bilder aus Bombay; verständnislos reagieren sie auf die Todes-Kommandos verblendeter Fanatiker; ratlos suchen sie nach einer Erklärung für die Globalisierung des Terrors. Eine verlässliche Antwort gibt es nicht, nur eine bittere Gewissheit: Sicherheit ist nirgendwo
Es sind die üblichen Reflexe: Fassungslos blicken die Menschen in aller Welt auf die medial verbreiteten Schreckens-Bilder aus Bombay; verständnislos reagieren sie auf die Todes-Kommandos verblendeter Fanatiker; ratlos suchen sie nach einer Erklärung für die Globalisierung des Terrors. Eine verlässliche Antwort gibt es nicht, nur eine bittere Gewissheit: Sicherheit ist nirgendwo. Wenn von Indien die Rede ist, wird gern von der "größten Demokratie der Welt" gesprochen. Dieser beschönigende Begriff vernebelt die Tatsache, dass die zweitgrößte Nation der Erde mit ihren 1,2 Milliarden Menschen von gigantischen Problemen belastet ist - die im (westlichen) Rest der Erde nicht so recht wahrgenommen werden. Das hängt einmal mit dem noch größeren China zusammen, das enorme Aufmerksamkeit auf sich zieht, und natürlich mit dem dauer-explosiven Brandherd im Nahen Osten, vor allem aber mit den Mega-Themen Islamismus und Armut. Beide Themen speisen sich (auch) aus dem mangelnden Respekt, den die Welt den betroffenen Bevölkerungsgruppen entgegen bringt. Die islamischen Nationen fühlen sich nicht hinreichend ernst genommen, und ihre fundamentalistischen Hetzer haben in der westlichen Kultur des Liberalismus und Kapitalismus ein Feindbild gefunden, das sich trefflich als Projektionsfläche für all jene eignet, die sich entrechtet, erniedrigt und bevormundet fühlen. Noch ist nicht bekannt, welche Terrorgruppe sich hinter den Anschlägen von Bombay verbirgt. Doch ob es Ableger von Osama bin Ladens Al Quaida sind oder aus Pakistan gesteuerte Desperados: Die Folgen der mörderischen Taten von Bombay werden das Land verändern. Zu allem Überfluss glaubt die indische Regierung schon die Rädelsführer beim "Erzfeind" Pakistan ausfindig gemacht zu haben. Die Kriegsrhetorik von Neu Delhi lässt Schlimmes befürchten und muss Anlass sein für die Vereinten Nationen, mit aller Kraft mäßigend auf die aufgeputschten Gemüter auf dem Subkontinent einzuwirken. "Fear" (Angst) titelten die Zeitungen gestern in Riesenlettern in Indien, das wie der unberechenbare Nachbar Pakistan über die Atombombe verfügt. Angst müssen wir auch im entfernten Europa haben, denn Terrorismus ist zur Geißel der Neuzeit geworden. Doch so wie Feuer nicht mit Benzin zu löschen ist, kann auch Terror nicht mit Gewalt beendet werden. Dem neuen US-Präsidenten Barack Obama ist viel Glück zu wünschen, mit seiner entpolarisierenden Art und der politischen Klugheit, die seinem Vorgänger nicht vergönnt war, die richtigen Maßnahmen zur Eindämmung des weltweiten Terrors zu treffen.