Selbstbewusstsein ist nicht alles

Als vor knapp zweieinhalb Jahren die Landesregierung und die Industrie- und Handelskammer gemeinsam die große bundesweite Marketing-Kampagne für den Standort Saarland unter dem Slogan "Großes entsteht immer im Kleinen" starteten, kannte die Euphorie kaum Grenzen. Mit Unterstützung der international renommierten Werbeagentur Jung von Matt als Aushängeschild sollten sogar riesige Plakatwände in der Hamburger Hafenstraße und am Berliner Alexanderplatz unübersehbar verdeutlichen, wo wirklich die Musik spielt. Wo die Mieten und Häuser günstig sind, Fach- und Führungskräfte "mit Kusshand" in renommierten Unternehmen empfangen werden und auch das Bildungs- und Kulturangebot attraktiv ist. All das natürlich garniert mit jeder Menge netter Saarländer.

Inzwischen hat die Werbeagentur, wohl wegen unterschiedlicher Auffassungen über die Strategie der Kampagne und die Kosten, längst das Boot verlassen, sind die Plakate weder an der Elbe noch an der Spree aufgetaucht, wohl auch aus Kostengründen. Realismus hat die Euphorie abgelöst. Zumal dem ohnehin finanziell an der Wand stehenden Saarland nur wenig Geld zur Verfügung steht, um eine solche Kampagne auch langfristig und mit der nötigen Nachhaltigkeit stemmen zu können. Das gilt erst recht im Vergleich zu reichen Ländern wie etwa Baden-Württemberg, das schon seit 17 Jahren aktives Standort-Marketing betreibt.

Braucht das Saarland also wirklich Standort-Werbung? Es ist kein Muss, zumal es wichtigere Aufgaben im Land gibt, aber empfehlenswert. Allerdings mit einem nüchternen, sachlichen Ansatz. Denn es bleibt vor allem die Frage zu klären, wann und vor allem wie man messbare Erfolgsergebnisse erzielt. Das liegt auch im Interesse der inzwischen über 400 Kooperationspartner, die selbst viel Geld in die Hand nehmen.

Vielleicht ist es ja tatsächlich schon ein Erfolg, wenn die Saarländer selbst durch Plakate mit erfolgreichen Produkten hiesiger Unternehmen mehr zur Kenntnis nehmen, was im Land alles erarbeitet wird. Dadurch könnte das Selbstwertgefühl gesteigert werden. Doch das kann nur ein Randaspekt bleiben.

Möglichst viele junge Menschen und Fachkräfte müssen aufs Saarland aufmerksam werden. Es wird mehr denn je die Sache der Saar-Unternehmen sein, bei Bewerbern intensiver nachzufragen, was unsere Region in ihren Blick gerückt hat. Wird dann die Kampagne erwähnt, wäre das ein messbarer Erfolg. Der wichtigste Erfolgsfaktor für das Saarland bleibt jedoch eine verlässliche, zukunftsgerichtete Landespolitik. Und mit so vielen Saarländern wie nie zuvor an den Schaltstellen der Bundespolitik kann das Land auch in Berlin positiv auf sich aufmerksam machen.

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