Schwarzmaler sind arbeitslos

Meinung · Düstere Szenarien des saarländischen Arbeitsmarkts sind mehr als einmal gezeichnet worden, meist von Arbeitskammer oder Gewerkschaften. Jetzt aber zeigt eine Zehn-Jahres-Analyse des Forschungsinstituts der Bundesagentur für Arbeit: Die Entwicklung verläuft nicht spürbar schlechter (allerdings auch nicht deutlich besser) als anderswo

Düstere Szenarien des saarländischen Arbeitsmarkts sind mehr als einmal gezeichnet worden, meist von Arbeitskammer oder Gewerkschaften. Jetzt aber zeigt eine Zehn-Jahres-Analyse des Forschungsinstituts der Bundesagentur für Arbeit: Die Entwicklung verläuft nicht spürbar schlechter (allerdings auch nicht deutlich besser) als anderswo. Weder Niedriglohn noch Teilzeit, weder Befristungen noch Mini-Jobs kommen in der Saar-Wirtschaft wesentlich häufiger vor als in Rheinland-Pfalz oder den übrigen westdeutschen Regionen. Kein Anlass zum Schwarzmalen also.Dabei sehen die Experten keineswegs alles rosarot. So sinkt - wie überall im Bund - auch hierzulande die Zahl der Arbeitnehmer, die relativ sorglos einem unbefristeten Vollerwerb nachgehen. Dennoch ist das "normale" Arbeitsverhältnis weiterhin die Regel, an der Saar sogar noch stärker als im Rest der Republik. Der Grund: Das Saarland verfügt über eine starke Industrie, und dort ist prekäre Beschäftigung wegen der straffen Arbeitsabläufe eher die Ausnahme. Die Industriebetriebe stockten ihre Belegschaften in den vergangenen Jahren sogar noch einmal auf. Waren im Jahr 2009 noch rund 87 300 Menschen im Verarbeitenden Gewerbe tätig, so wurden Ende 2011 schon 92 200 Mitarbeiter registriert. Dieses hohe Niveau wurde im vorigen Jahr gehalten, im Oktober erreichte die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit 369 200 Männern und Frauen ein neues Allzeit-Hoch.

Diese Entwicklung ist umso erstaunlicher, weil sich mit dem Steinkohle-Bergbau eine einstmals zentrale Branche der hiesigen Industrie notgedrungen verabschieden musste. Ende 2005 beschäftigte der Saar-Bergbau noch knapp 6600 Mitarbeiter, sieben Jahre später waren es gerade mal 510. Hinzu kam der Aderlass bei den Zulieferbetrieben, die vom Kohle-Abbau lebten.

Dass die Saar-Industrie leistungsfähig ist, wird durch ihre Exportquote von 50 Prozent belegt. Sie muss sich am globalen Wettbewerb messen lassen und nimmt die Herausforderung an. Andererseits machte gerade diese starke Vernetzung den Unternehmen im Krisenjahr 2009 besonders zu schaffen. Die bis dahin vollen Auftragsbücher leerten sich rapide, und es kam nur wenig nach. Deshalb reagieren die Firmen heute bei Neueinstellungen vorsichtiger. Das erklärt, warum die Leiharbeit im Saarland zugenommen hat und die Zahl der befristeten Arbeitsverhältnisse steigt.

Daran wird sich auf Sicht wenig ändern, denn auch Arbeitsmärkte sind Märkte, die sich an Angebot und Nachfrage orientieren. Die Politik sollte sich davor hüten, das Rad zurückzudrehen und allzu stark einzugreifen. Hat doch die Flexibilität der vergangenen zehn Jahre wesentlich dazu beigetragen, dass die Zahl der Erwerbslosen so stark gesunken ist.

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