Schwarz-Grün in Hamburg gerät unter Druck

Hamburg. Es ist Halbzeit in der Legislaturperiode des schwarz-grünen Senats in Hamburg, dieser bundesweit bisher einmaligen politischen Liaison. Bürgermeister Ole von Beust und seiner CDU bläst zwei Jahre nach der Bürgerschaftswahl ein heftiger Gegenwind ins Gesicht. Während die grüne GAL laut einer jüngsten Umfrage in der Wählergunst steigt, rutscht der große Koalitionspartner deutlich ab

Hamburg. Es ist Halbzeit in der Legislaturperiode des schwarz-grünen Senats in Hamburg, dieser bundesweit bisher einmaligen politischen Liaison. Bürgermeister Ole von Beust und seiner CDU bläst zwei Jahre nach der Bürgerschaftswahl ein heftiger Gegenwind ins Gesicht. Während die grüne GAL laut einer jüngsten Umfrage in der Wählergunst steigt, rutscht der große Koalitionspartner deutlich ab.Zu den schlechten Umfragewerten gesellen sich Personalprobleme. Am Montag verkündete der lange als "Kronprinz" Beusts gehandelte Finanzsenator und CDU-Landeschef Michael Freytag überraschend seinen Rückzug. Erst kürzlich war Bürgerschaftspräsident Bernd Röder (CDU) nach der so genannten Glatteis-Affäre zurückgetreten.Der CDU war 2001 nach mehr als vier Jahrzehnten sozialdemokratischer Dominanz der politische Wechsel gelungen. Anfangs noch in einer Koalition mit dem Populisten Ronald Schill, führte Beust von 2004 bis 2008 eine CDU-Alleinregierung. Seither koaliert der Bürgermeister mit der GAL und wirbt für Bündnisse der Christdemokraten mit den Grünen. Dass nun Freytag alle Ämter hinschmeißt, trifft die CDU völlig unvorbereitet. Zwar war der 51-Jährige im Zusammenhang mit der angeschlagenen HSH Nordbank immer mehr in die Kritik geraten. Doch galt der Politiker auch als Hoffnungsträger seiner Partei. 2008 und 2009 seien die härtesten zwei Jahre seines Lebens gewesen, weshalb es ihn nach all den Belastungen in die Wirtschaft ziehe, begründete Freytag seinen Schritt.SPD-Landeschef Olaf Scholz sprach von einer "persönlichen Flucht". Vom schwindenden Wählervertrauen in die CDU können Hamburgs Sozialdemokraten bislang aber kaum profitieren. Danach liegt die SPD derzeit wie schon bei der Bundestagswahl 2009 gleichauf mit der CDU bei 31 Prozent. Bei der Bürgerschaftswahl 2012 hält Scholz ein Wahlergebnis zwischen 35 und 40 Prozent für realistisch. Entgegen kommen dürfte dem SPD-Landeschef dabei auch, dass Beusts Beliebtheit nachlässt.Der hat immer wieder signalisiert, dass er nicht an seinem Stuhl klebe. Auf eine erneute Kandidatur 2012 will er sich noch nicht festlegen. Bei jedem Spitzenpolitiker komme irgendwann der Zeitpunkt, an dem seine Popularität nachlasse. Andererseits ist der Bürgermeister jetzt gezwungen, seine Mannschaft mit dem neuen Bürgerschaftspräsidenten Lutz Mohaupt und den voraussichtlichen Freytag-Nachfolgern Carsten Frigge als Senator sowie Frank Schira als Landeschef zusammenzuhalten und aus dem Umfragetief zu führen.Und schließlich muss Beust neben dem innerparteilichen Umbruch auch das Vorzeigeprojekt seiner Koalition, die Einführung der umstrittenen sechsjährigen Primarschule, bei einem drohenden Volksentscheid durchboxen. Schon heute will Schwarz-Grün deshalb in der Bürgerschaft ein nachgebessertes Schulgesetz beschließen lassen. Dafür hatte sich der Senat parteiübergreifend mit der SPD und der Linkspartei verbündet, nachdem die Verhandlungen mit dem erfolgreichen Volksbegehren "Wir wollen lernen!" gescheitert waren. Der Volksentscheid könnte frühestens am 18. Juli stattfinden. Spätestens bis dahin muss der Bürgermeister seine Partei wieder in ruhigeres Fahrwasser manövriert haben. Denn Beust braucht für die verbleibende Zeit bis 2012 dringend wieder Kontinuität, um dann die Bürgerschaftswahl zu gewinnen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Unser gestriger Beitrag auf Seite A 9 zu den Xynthia-Sturmschäden enhält einen Fehler. Richtig ist, dass in den Fällen, in denen etwa ein Pkw durch einen losen Dachziegel beschädigt wurde, nicht die Wohngebäudeversicherung des Hauseigentümers, sondern des
Unser gestriger Beitrag auf Seite A 9 zu den Xynthia-Sturmschäden enhält einen Fehler. Richtig ist, dass in den Fällen, in denen etwa ein Pkw durch einen losen Dachziegel beschädigt wurde, nicht die Wohngebäudeversicherung des Hauseigentümers, sondern des