Schicksalsfrage ohne Antwort

Ob es das historische Datum war, der 17. Juni, einst Tag der Deutschen Einheit , der Annegret Kramp-Karrenbauer gestern so reden ließ? Vom "Schicksalsjahr" 2015 sprach die Ministerpräsidentin. Hehre Worte.

Doch man muss kein Altlinker wie Oppositionsführer Oskar Lafontaine sein, um sich zu fragen, wozu anderthalb Stunden schicksalsschwere Regierungserklärung, wenn die weithin Wohlbekanntes reiht - zum Kommunalpakt, zum Umbau der Landesverwaltung, zur Frankreich-Strategie.

Bei der Antwort spielt erneut das Schicksal mit: Vor Monaten annoncierte die schwarz-rote Landesregierung, heute werde ein Schicksalstag fürs Land. Denn in Berlin sollten Eckpunkte für die Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen fixiert werden. Das Land könne einen Teil seiner auszehrenden Altschuldenlast von 14 Milliarden Euro loswerden, säte Kramp-Karrenbauer Hoffnung. Wahrscheinlich aber passiert heute in Berlin gar nichts. Außer dass Bund und Länder, die sich zwischen Finanzausgleich und Hilfen bei der Flüchtlingsunterbringung festgebissen haben, die Gespräche vertagen. Kein Schicksalstag also.

Und so kann man die gestrige Rede bloß als schwarz-rote Selbstvergewisserung lesen: Wir haben doch alles getan, um das Saarland zu sichern. In Teilen stimmt das ja auch. Tatsächlich hat die Landesregierung in einem Punkt Ernst gemacht. Lehrerstellen, Uni, Polizei : Überall wurde gekürzt, um die Auflagen der Schuldenbremse zu schaffen. Auch die Kommunen schwenkten, von Innenminister Klaus Bouillon dirigiert, auf Sparkurs ein. Dieser eiserne Wille hat dem Kabinett Ansehen verschafft. Und nur wer beweist, dass er es selbst kann, darf Unterstützung erwarten.

Tatsache ist aber auch: Kaum je waren die Chancen besser, saarländische Interessen durchzusetzen. Die Regierungsfarben in Berlin sind dieselben wie hier. Zwei Bundesminister von der Saar sitzen an Merkels Kabinettstisch. Hat die Landesregierung dieses Blatt bereits ausgereizt? Das scheint nur bedingt so, denn mehr als Vertrösten konnte Kramp-Karrenbauer gestern nicht: Die Verhandlungen werden schon im Sinne des Saarlandes laufen. 2016 aber nahen Wahlen in fünf Bundesländern. Erfahrungsgemäß löst das bei Politikern Handlungsstarre aus. Und von einer wirklichen Lösung, von einem Altschuldenfonds etwa, wird bestenfalls noch zaghaft geredet.

Genau da stößt diese große Spar-Koalition, die das Land vor allem als Sanierungsfall betrachtet, an ihre Grenzen. Denn wie man sich zusätzliche Einnahmen verschafft, wie man die Verhandlungen zum Nutzen des Landes wenden will, welche Perspektiven man übers Sparen hinaus sieht - bei all dem hinterließ Kramp-Karrenbauers Rede nur Fragezeichen. Keine Antwort aber auf die Schicksalsfrage.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort