Scharf, schärfer – Wahlkampf

Der Wettlauf der Parteien im Superwahljahr hat begonnen. Dazu gehören parteipolitische Spielchen - wie etwa der dramatische Vorwurf an den politischen Gegner, in der inneren Sicherheit unzuverlässig zu sein. Das sagt Innenminister Thomas de Maizière über SPD-Chef Sigmar Gabriel . Der wiederum hält die Ideen des CDU-Mannes zur Zusammenlegung von Verfassungsschutzämtern und einer föderalen Strukturreform für Symbolpolitik. Und sekundieren darf SPD-Justizminister Heiko Maas mit seinem Vorstoß, die Gefährderhaft auszuweiten. Scharf, schärfer, Wahlkampf . Ob das gut ist?

Der Anschlag in Berlin markiert einen Wendepunkt in der Sicherheitsdebatte. Seitdem laufen sich die Wahlkämpfer warm. Selbst die Grünen müssen sich nun als "Law-and-Order"-Partei zeigen. Das hat sich bei der jüngsten Debatte der vier Bewerber um die Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl gezeigt. Wer nicht mitrennt, den bestraft der Wähler. Doch Vorsicht: Die Politik zäumt bei diesem Wettstreit das Pferd wieder von hinten auf. Anstatt jetzt eine konsequente Schwachstellenanalyse zu betreiben, werden vor allem neue Maßnahmen diskutiert, mit denen vermeintlich Sicherheitslücken geschlossen werden sollen. Dabei gibt es in Deutschland eindeutig kein Gesetzes-, sondern insbesondere ein Anwendungsdefizit. Was auch damit zu tun hat, dass in den vergangenen Jahren bei den Behörden massiv Personal abgebaut wurde. Verantwortlich dafür ist nicht nur eine Partei. Die Politik hat zum Glück wieder den entgegengesetzten Weg eingeschlagen. Doch bis das wirkt, braucht es Zeit, weil neue Beamte erst gefunden und ausgebildet werden müssen.

Ein Beispiel für den mangelnden Vollzug von Gesetzen scheint der Umgang mit Gefährdern zu sein. 224 davon mit ausländischer Staatsangehörigkeit sollen laut Innenministerium in Deutschland leben, bei 62 wurde der Asylantrag abgelehnt. Schon jetzt können Ausreisepflichtige, die straffällig geworden sind, bis zu 18 Monate festgesetzt werden. Doch angewendet wird diese Möglichkeit offenkundig ähnlich selten wie die Verfügung von Meldeauflagen. Das verstehe, wer will. Wer mehr Sicherheit verspricht, muss auch das Naheliegende tun und vom Möglichen Gebrauch machen. Schon längst hätten zudem die Rückführungen praktikabler gestaltet werden können - zur Not mit Druck auf die Staaten, die sich weigern, ihre Bürger zurückzunehmen. Die Entwicklungshilfe wäre ein geeignetes Instrument.

Die Grundsatzfrage bleibt freilich: Ist es gut, in Zeiten, in denen die Bürger extrem verunsichert sind, in der Sicherheitspolitik zu wetteifern? Oder sollten die Parteien nicht versuchen, das Notwendige gemeinsam auf die Beine zu stellen? Letzteres wäre wohl sinnvoller.

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