Sarkozy hat die Wahl 2012 fest im Blick
Paris. "Panik an Bord" titelte die Zeitung "Libération" angesichts der Regierungsumbildung, die Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy am Wochenende bekannt gab. Tatsächlich erfolgte die Aktion in großer Eile, nachdem immer neue Enthüllungen über den Weihnachtsurlaub von Ex-Außenministerin Michèle Alliot-Marie in Tunesien ans Licht gekommen waren
Paris. "Panik an Bord" titelte die Zeitung "Libération" angesichts der Regierungsumbildung, die Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy am Wochenende bekannt gab. Tatsächlich erfolgte die Aktion in großer Eile, nachdem immer neue Enthüllungen über den Weihnachtsurlaub von Ex-Außenministerin Michèle Alliot-Marie in Tunesien ans Licht gekommen waren. Zudem fiel die Umbildung - die bereits achte in knapp vier Jahren - wesentlich größer aus, als erwartet worden war. Sarkozy hatte das Kabinett zuletzt im November nach der Verabschiedung der umstrittenen Rentenreform umgebildet. Doch angesichts der Fehltritte Alliot-Maries war die Mannschaft, mit der er sich eigentlich für die Präsidentschaftswahlen 2012 in Stellung bringen wollte, immer unhaltbarer geworden.Denn Sarkozy bleibt nicht mehr viel Zeit, da die heiße Wahlkampfphase nach der Sommerpause beginnt und er sich noch immer im Dauerumfragetief befindet. Zudem hatte Sarkozy eigentlich gehofft, auf internationaler Ebene punkten zu können, da er seit Anfang des Jahres den G20-Vorsitz inne hat.
Obwohl sie der eigentliche Auslöser für die Kabinettsumbildung war, erwähnte Sarkozy Alliot-Marie in seiner Fernsehansprache am Sonntagabend mit keinem einzigen Wort. Stattdessen versuchte der 56-Jährige, seiner Außenpolitik ein neues Gewicht zu verleihen. "Diese arabischen Revolutionen eröffnen eine neue Ära in den Beziehungen zu diesen Ländern, die uns so nahe stehen", sagte er. Deshalb habe er zusammen mit Premierminister François Fillon entschieden, "die Ministerien neu zu besetzen, die sich mit unserer Diplomatie und unserer Sicherheit beschäftigen". Gleichzeitig versuchte Sarkozy, die von Frankreich nach seiner Wahl ins Leben gerufene Mittelmeerunion neu zu beleben. Sie müsse allen Völkern des Mittelmeerraumes ermöglichen, endlich eine gemeinsame Zukunft zu schaffen, forderte er. Frankreich werde jetzt entsprechende Vorschläge erarbeiten. Dabei dürfte Alain Juppé, der Alliot-Marie als Außenminister ersetzt, eine Schlüsselrolle zukommen. Er ist der neue starke Mann der Regierung. Sarkozy hatte ihm den Posten bereits im November 2010 angeboten, doch Juppé soll damals die Bedingung gestellt haben, dass ihm Sarkozys Berater Jean-David Levitte und Claude Guéant nicht reinreden dürften.
Erst letzte Woche hatten hochrangige Diplomaten in der Zeitung "Le Monde" die vom Elysée-Palast aus gesteuerte Außenpolitik als amateurhaft, impulsiv und von PR-Aspekten bestimmt kritisiert. Hätte Sarkozy auf ihre Analysen gehört, hätten der Zickzackkurs gegenüber Tunesien, Ägypten und Libyen und die Fehleinschätzung der dortigen Lage vermieden werden können, bemängelten sie. Juppé dagegen, der bereits in den 90er Jahren Außenminister war, genießt in Diplomatenkreisen einen guten Ruf. Er dürfte seine Forderungen, eigenständig handeln zu wollen, durchgesetzt haben.
Dafür spricht die Ernennung Guéants zum neuen Innenminister. Sarkozy opferte für ihn Brice Hortefeux, einen langjährigen Weggefährten. Er war ebenfalls in die Kritik geraten, da er illegalerweise die Überwachung von Journalisten im Zusammenhang mit der Affäre um L'Oréal-Erbin Liliane Bettencourt angeordnet haben soll und zudem wegen rassistischer Äußerungen verurteilt wurde. Hortefeux soll laut Regierungschef Fillon als politischer Berater für Sarkozy im Hinblick auf die "Umstände, die noch kommen" arbeiten. Er wird also wohl eine Schlüsselfunktion für den Wahlkampf erhalten, ohne selber im Rampenlicht zu stehen.