Analyse Rettet sich der LSVS, nützt das der Landespolitik

Saarbrücken · Nach einem Jahr erinnert der Finanzskandal um den Landessportverband für das Saarland (LSVS) an eine Fernsehserie. Man kennt die Charaktere, die wichtigsten Handlungsstränge – und wartet gespannt auf die nächste Wendung.

 Der frühere LSVS-Präsident Klaus Meiser.

Der frühere LSVS-Präsident Klaus Meiser.

Foto: dpa/Oliver Dietze

Am 15. Dezember 2017 trat Klaus Meiser wegen der Affäre erstmals vor die Kamera. Der damalige LSVS-Chef und Landtagspräsident wusste zu diesem Zeitpunkt von Recherchen unserer Zeitung. Im SR-Fernsehen schlüpfte Meiser sogleich in die Rolle des Aufklärers.

Ab Februar wird Meiser sich vor Gericht verantworten müssen, nach einem beispiellosen Abstieg. Vor einem Jahr war er noch Strippenzieher der Saar-CDU, ein Meister kleiner Gefälligkeiten, als Parlamentspräsident protokollarisch der erste Mann des Landes. Mit dem LSVS führte Meiser zudem eine Organisation, der über ein Drittel der Saarländer angehört. Mehr Menschen, als bei der Landtagswahl für Union und SPD stimmten. Meiser vertiefte die traditionell enge Beziehung zwischen Politik und Sport – den Landespolitikverband.

Doch unterlief Meiser in der Krise ein strategischer Fehler, der ihn womöglich alle politischen Ämter gekostet hat – mehr als das. Er stieß die Staatsanwaltschaft auf den Hauptgeschäftsführer des LSVS, der Große ließ einen Kleinen hängen. Die Ermittler studierten die Satzung des Verbandes sehr genau, wohl genauer als manch gewähltes Präsidiumsmitglied. Die Paragraphen schreiben der LSVS-Spitze eine enorme Verantwortung für die Finanzen zu. Gleichgültig, ob das einen Ehrenamtlichen überfordert. Unabhängig davon, was ein Mitarbeiter getan haben mag.

Leider haben die früheren Granden des LSVS vor allem Vorurteile gegen die Moral der Mächtigen genährt. Sie führten einen Selbstbedienungsladen ohne Kostenkontrolle. Doch: Niemand hat ein Fehlverhalten eingeräumt, nur einer seine Rolle öffentlich hinterfragt. Während nun Angestellte ihren Job verlieren, der Sport darbt.

Das neue LSVS-Präsidium um Adrian Zöhler, seit einhundert Tagen in Amt, muss einen Mentalitätswechsel schaffen. Es hat einen „Neuanfang“ versprochen. Ihm kommt die schwierige Aufgabe zu, das Vertrauen in die Handelnden zurückzugewinnen. Das dürfte von existenzieller Bedeutung sein. Denn das Sanierungskonzept für den LSVS hängt von einem 15-Millionen-Kredit der saarländischen Landesbank ab. Dort dürfte man genau registrieren, was die jetzige Führung unternimmt, um die Negativschlagzeilen vergessen zu machen.

Der LSVS-Skandal hat zugleich die gesamte Landespolitik in eine Vertrauenskrise gestürzt – nicht eine einzelne Partei. Sportminister Klaus Bouillon (CDU), ungut in den Skandal verwickelt, nahm gegenüber dem LSVS eine harte Haltung ein. Doch seine Möglichkeiten sind begrenzt, auch deshalb, weil das Land für den Sport zu hohe Risiken eingegangen ist. Geht dem Verband das Geld aus, muss der Steuerzahler für ihn aufkommen. Rettet sich der LSVS, nützt das nicht zuletzt der Politik.

Weder SPD noch Linke haben es vermocht, sich als Anwalt der Sporttreibenden im Land zu profilieren. Beide sind gut beraten, ihre Aufklärungsarbeit ohne parteipolitisches Kalkül zu betreiben. Kurzzeitig wollten die Sozialdemokraten ausnutzen, dass der Sport eine christdemokratische Domäne war. In den Umfragen hat sich das nicht ausgezahlt. Während sich die Saar-AfD mit dem Bundestrend steigerte, ohne Aufklärungswillen zu zeigen. Umgekehrt heißt das für die SPD aber auch, dass die Aufarbeitung nicht zugunsten des Friedens in der Großen Koalition verschleppt werden darf.

Wie es im zweiten Jahr mit dem Skandal weitergeht? Sicher ist, wie bei einer Serie: Fortsetzung folgt.

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