Regierungschef zwischen Distanz und Dankbarkeit

Hannover. Es ist eine Gratwanderung für Niedersachsens Regierungschef David McAllister (CDU). Die Affäre um Bundespräsident Christian Wulff wirft ihre Schatten längst auch auf die Staatskanzlei in Hannover. In der turbulenten Landtagsdebatte um dessen Affären hielt sich der sonst so redegewandte McAllister gestern zurück

Hannover. Es ist eine Gratwanderung für Niedersachsens Regierungschef David McAllister (CDU). Die Affäre um Bundespräsident Christian Wulff wirft ihre Schatten längst auch auf die Staatskanzlei in Hannover. In der turbulenten Landtagsdebatte um dessen Affären hielt sich der sonst so redegewandte McAllister gestern zurück. Rund ein Jahr vor der nächsten Landtagswahl geht er auf Distanz zu Wulff, seinem Vorgänger und Förderer.Wie empört McAllister ist, wurde bei der CDU-Vorstandsklausur am Wochenende deutlich. Der Ärger resultiert zum einen daraus, dass niedersächsische Beamte nun schier unendlichen Fragenkataloge der Opposition zu Upgrades, Rabatten und Urlauben von Wulff bearbeiten müssen. Dass es aber überhaupt einen Anlass für die Nachfragen gibt, scheint McAllister mindestens genauso zu nerven.

Der 41-Jährige legte schon immer viel Wert darauf, die Unterschiede seines Lebensstils im Vergleich zu Wulff herauszustellen. Erst kürzlich verwies er auf seine Abneigung gegen rote Teppiche und auf seine Vorliebe für Strandkorb-Urlaube vor der Haustür in Cuxhaven - man konnte das als deutliche Absetzbewegung von Wulffs glamourösen Gewohnheiten verstehen.

Auch im niedersächsischen Alltag punktet der Ministerpräsident, anders als sein betont präsidialer Vorgänger, mit Bürgernähe, Humor und Schlagfertigkeit. McAllister, erster Regierungschef eines Bundeslandes mit doppelter Staatsbürgerschaft, ist zudem ein bekennender Anhänger der Provinz - Mandat im Kreistag Cuxhaven und Titel des Schützenkönigs inklusive.

Als Sohn eines Offiziers der britischen Armee und einer deutschen Musiklehrerin in Berlin geboren, kam er als Elfjähriger in die 12 000-Einwohner-Gemeinde Bad Bederkesa im Landkreis Cuxhaven. Hier heiratete er später - im schottischen Kilt - Ehefrau Dunja, hier lebt die Familie mit den beiden kleinen Töchtern. Auch als Ministerpräsident fährt er die zwei Stunden von Hannover nach Hause, so oft es geht.

In Bad Bederkesa trat McAllister mit 17 Jahren in die CDU ein. Und entwickelte die Eigenschaften, die als typisch niedersächsisch geschätzt werden: McAllister ist ein trinkfester Gute-Laune-Mensch, zugleich scharfzüngig und kontaktfreudig. Das half ihm bei seiner politischen Karriere. 1998 zog der Jurist in den Landtag ein, wo der damalige CDU-Landes- und Fraktionschef Wulff rasch das Potenzial des Neulings erkannte. 2002 avancierte McAllister zum Generalsekretär der Landespartei und nur ein Jahr später, nach der Regierungsübernahme, zum Fraktionschef. 2008 übergab Wulff dann den CDU-Landesvorsitz - ein großer Vertrauensbeweis. McAllister dankte es mit Disziplin, Fleiß und Loyalität.

Als Wulff vor eineinhalb Jahren ins überraschend frei gewordene Amt des Bundespräsidenten wechselte, stieg sein Vertrauter zum Ministerpräsidenten auf. In genau einem Jahr muss er das Amt erstmals selbst in der Landtagswahl verteidigen. Angesichts der Schwäche des Koalitionspartners FDP rief McAllister bereits das Ziel aus, die CDU müsse stärkste Partei bleiben. Eine gewonnene Wahl und die Bestätigung als Regierungschef würde McAllister zugleich Gewicht in der Riege denkbarer Kronprinzen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) verleihen. Die britische Zeitung "Scotland News" hatte jedenfalls bereits 2003 die Prognose gewagt, McAllister sei der erste halbe Schotte, der es zum Bundeskanzler bringen werde.

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