Der ewige Kampf Puigdemonts neuer Ruf nach Aufmerksamkeit

MADRID Trommeln gehört zum politischen Geschäft. Der katalanische Separatistenchef Carles Puigdemont erwies sich in der Vergangenheit als ein Meister dieser Kunst der Selbstinszenierung.

 Der Zankapfel der Nation: Kataloniens Ex-Regierungschef Carles Puigdemont.

Der Zankapfel der Nation: Kataloniens Ex-Regierungschef Carles Puigdemont.

Foto: dpa/Gregor Fischer

Doch seit er im Herbst vor der spanischen Justiz die Flucht ergriff, scheint sein Stern langsam zu sinken. Aus der Ferne, so musste Puigdemont inzwischen feststellen, lässt sich nicht so einfach in der Heimat Politik machen.

Zumal das Leben in der spanischen Region Katalonien auch ohne ihn weitergeht – und möglicherweise sogar reibungsloser. Denn nach den ersten Gesprächen zwischen dem neuen katalanischen Regionalpräsidenten Quim Torra und Spaniens neuem Regierungschef Pedro Sánchez zeichnet sich eine leichte Entspannung ab.

Puigdemont, der die letzten Monate in Deutschland festsaß, muss sich derweil auf eine lange Zeit im Ausland einstellen: Spanien verzichtete gestern definitiv auf eine Auslieferung aus Deutschland, weil das Oberlandesgericht in Schleswig nur eine Überstellung wegen des Vorwurfs der Veruntreuung, aber nicht wegen der schweren Anschuldigung der Rebellion erlaubte. Nach Spanien wird Puigdemont gleichwohl nicht zurückkönnen, weil dort immer noch ein nationaler Haftbefehl auf ihn wartet.

In dieser Situation überraschte Puigdemont nun mit der Ankündigung, eine neue Partei gründen zu wollen, mit der er für die Unabhängigkeit kämpfen will. Und wohl auch dagegen, im fast 2000 Kilometer entfernten Katalonien vergessen zu werden. Die neue Bewegung heißt „Crida Nacional per la República“, was sich mit „Nationaler Aufruf für die Republik“ übersetzen lässt. Diese nationalistische Vereinigung soll nach Puigdemonts Traum die zerstrittenen Separatisten Kataloniens wieder einen.

In Katalonien stieß Puigdemonts Versuch, mit der neuen Abspaltungspartei auf die politische Bühne zurückzukehren und die Konfrontation mit dem Staat aufrecht zu halten, auf ein gedämpftes Echo. Denn Puigdemonts radikaler Unabhängigkeitskurs hat der Region bisher wenig eingebracht. Außer einer harten Konfrontation mit dem spanischen Staat, welche die Strafverfolgung Puigdemonts und anderer führender Separatisten nach sich zog. Zudem scheint der versöhnliche Kurs von Spaniens Regierungschef Sánchez zunehmend Puigdemont den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Sánchez versucht die Katalanen davon zu überzeugen, dass sie mit einer größeren Autonomie besser fahren als mit einem eigenen Staat. Offenbar nicht ohne Erfolg: Laut einer Umfrage der katalanischen Zeitung „El Periódico“ unterstützen 62 Prozent der Katalanen das Sánchez-Angebot, den Konflikt mit mehr Selbstverwaltung zu entschärfen. Während nur 22 Prozent den Puigdemont-Kurs der Unabhängigkeit bejahten.

Puigdemonts bisheriges Wahlbündnis Junts per Catalunya (Zusammen für Katalonien), das in der letzten Wahl noch das aus drei Parteien bestehende Separatistenlager anführte, sackt in der neuen Umfrage auf 16,5 Prozent. Stärkste Partei im Unabhängigkeitslager ist demzufolge nun die Separatistenkonkurrenz Esquerra Republicana (Republikanische Linke) mit 23,5 Prozent.

Deren Chef, Oriol Junqueras, floh nicht wie Puigdemont vor den strafrechtlichen Konsequenzen der Unabhängigkeitsbeschlüsse – Junqueras sitzt seit Herbst in U-Haft. Diese konsequente Haltung scheint sich nun in Stimmen auszuzahlen. Entsprechend wunderte es nicht, dass es eine Junqueras-Sprecherin ausschloss, dass man sich der neuen Puigdemont-Partei anschließen werde.

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