Hoher Besuch von Xi Jinping Problemkind Hongkong, Peking-Liebling Macao

Macao/Hongkong · In Hongkong wäre ein Besuch des chinesischen Präsidenten Xi Jinping derzeit kaum denkbar. Seit über einem halben Jahr stehen die Bürger der Millionenmetropole auf gegen die dortige chinatreue Regierung, Hunderttausende ziehen Woche um Woche durch die Straßen.

 Ist in Macao gern gesehen: Xi Jinping, Präsident von China.

Ist in Macao gern gesehen: Xi Jinping, Präsident von China.

Foto: dpa/-

Xi Jinping dürfte deshalb erleichtert sein, dass an diesem Freitag kein Jubiläum in Hongkong ansteht – sondern gleich nebenan in Macao.

Gefeiert wird der 20. Jahrestag der Rückgabe der ehemaligen portugiesischen Enklave an China. Schon seit Mittwoch ist Xi Jinping als Ehrengast in der Stadt. Das in Hongkong ungeliebte Staatsoberhaupt muss große Demonstrationen aber nicht fürchten. Zwar haben Macao und Hongkong auf den ersten Blick vieles gemeinsam. Während Hongkong einst zu Großbritannien gehörte und 1997 an China zurückgegeben wurde, folgte Macao zwei Jahre später aus portugiesischer Herrschaft.

Die Städte werden seitdem nach dem berühmten Grundsatz „Ein Land, zwei Systeme“ in ihren eigenen Territorien regiert. Beide unterstehen zwar der Souveränität Chinas. Die Bürger genießen aber mehr Freiheiten. Für 50 Jahre ist dieser Sonderstatus eigentlich per Vertrag garantiert.

Während die Hongkonger schon jetzt gegen den zunehmenden Einfluss Pekings kämpfen, ist von Opposition in Macao kaum etwas zu spüren. „Einige junge Leute in Macao lassen sich von der Hongkonger Protestbewegung inspirieren“, erzählt Leo, ein Hongkonger Demonstrant. „Im Großen und Ganzen sind beide Orte aber verschiedene Welten.“ So sieht es auch Larry So. Der pensionierte Professor beschreibt seine Stadt als „schon immer sehr rot“. Gemeint ist die Vorliebe der Menschen in Macao für die kommunistische Führung in Peking.

Laut So gelang es den portugiesischen Kolonialisten anders als den Engländern in Hongkong nicht, den Menschen eine gemeinsame Identität zu geben. „Portugiesen und die überwiegend chinesische Bevölkerung lebten voneinander getrennt.“ Die Kommunisten hätten die Stadt so schon lange vor dem Abzug der Portugiesen faktisch kontrolliert.

Während Großbritannien erbitterte Rückgabe-Verhandlungen mit Peking führte, die beinhalteten, dass Hongkong für die Zukunft freie Wahlen in Aussicht gestellt wurden, bemühte sich Portugal kaum, noch etwas für die Menschen in Macao zu tun. Eine lukrative Zusage gab es aber aus Peking: Als einziger Ort in China ist in Macao das Glücksspiel legal. Die weltbekannten Kasinos sind die wichtigste Einnahmequelle der Sonderverwaltungsregion, deren Pro-Kopf-Einkommen eines der höchsten der Welt ist. „Diese wirtschaftliche Stärke ist ganz wesentlich für die Zufriedenheit der Menschen“, sagt So.

Dass dieses Fundament auch wackeln kann, zeigte sich vor einigen Jahren. Die von Präsident Xi Jinping landesweit verordnete Anti-Korruptionskampagne führte dazu, dass für einige Zeit viel weniger Kader vom Festland nach Macao fuhren, um ihr Geld in den Spielhallen zu waschen. Zwar hat sich die Spiel-Industrie, die gleichzeitig der wichtigste Arbeitgeber der Stadt ist, wieder stabilisiert. Vor dem Hintergrund der Proteste in Hongkong will Peking jedoch sichergehen, dass die Stimmung in Macao nicht kippt.

So machen Berichte von umfangreichen Geschenken die Runde. Demnach will die Zentralregierung nicht mehr nur die Vergnügungsindustrie in Macao fördern, sondern die Stadt zu einem Finanzplatz entwickeln. Klarer könnte die Botschaft an Hongkong kaum sein. „Die guten Jungs bekommen Bonbons“, sagt Professor So.

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