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Die Rede von EU-Kommissionschef Juncker beschäftigt die Presselandschaft. Das „Handelsblatt“ meint:

Die Rede von EU-Kommissionschef Juncker beschäftigt die Presselandschaft. Das „Handelsblatt“ meint:

Bei künftigen EU-Reformen geht es nicht nur darum, Europa mit fremden Großmächten auf Augenhöhe zu bringen. Es geht auch darum, wer intern mehr zu sagen hat: Die EU-Kommission mit dem Europaparlament oder der Europäische Rat der Regierungschefs mit ihren nationalen Parlamenten. Das Management von Euro- und Flüchtlingskrise haben die Regierungschefs an sich gezogen, die Kommission spielte oft nur die zweite Geige. Juncker will jetzt verlorenes Terrain zurückgewinnen. Insofern kann man seine Rede auch als Kampfansage an die Chefin des größten EU-Staates verstehen. Juncker will nicht Merkels Pudel sein. Das hat er bewiesen.

Das „Badische Tagblatt“ aus Baden-Baden sieht die Rede kritisch:

Junckers Mut in allen Ehren: Sein Vorstoß kommt zu früh. Das Zeitfenster ist mitnichten geöffnet. Vom Schwung, den er sieht, ist wenig zu spüren. Junckers Ideen lösen bei vielen eher den gegenteiligen Reflex aus: noch enger zusammengehen? Bitte erstmal nicht. Sein Versuch, den Deckel drauf zu machen, wirkt überstürzt. Er weiß, dass bald Wolken aufziehen. Davor will er schnell den Job zu Ende bringen. Das verstärkt eher die Skepsis. „Jetzt ist nicht die Zeit für Vorsicht“, sagt Juncker. Doch, Herr Juncker, das ist sie.

Die „Sächsische Zeitung“ aus Dresden geht noch weiter in ihrer Kritik:

Die europäische Idee braucht neue Impulse und die EU dringend Reformen, die den Namen auch verdienen. Doch durch unausgegorene Ideen wie diese fühlen sich nur jene bestärkt, die nichts von der EU halten. Wie wäre es, wenn Brüssel mit Veränderungen bei sich beginnt? Die Staaten nicht länger mit Regelungswut nerven, sondern Befugnisse zurück in die nationale Verantwortung geben. Entscheidungsprozesse transparenter machen und die Bürger beteiligen. Bürokratie abbauen und überflüssige Ämter abschaffen: All das verspricht mehr Wirkung, als Luftschlösser zu bauen.

Auch die „Times“ aus dem Brexit-Land reagiert not amused:

Eine Reform der EU ist nicht glaubwürdig, solange Juncker an seinen Ideen von einem Einheitsstaat festhält. Europa muss sich auf Grundsätze verständigen, auf denen Wohlstand und Sicherheit beruhen und ansonsten mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten vorankommen. Effekthascherei schadet der EU nur. Tatsächlich hätte diese Rede viele Briten, die für den Verbleib in der EU waren, zweifeln lassen. Wenn Großbritannien sich im Frühjahr 2019 von Juncker verabschiedet, wird die Erleichterung auf beiden Seiten groß sein.

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