Polizei-Razzien in Ägypten heizen Spannungen an

Kairo. Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs), darunter die Konrad-Adenauer-Stiftung, sind fassungslos nach den Polizei-Razzien gegen 17 Organisationen in Ägypten. Derartiges hatte selbst der im Februar gestürzte Diktator Mubarak nicht gewagt

Kairo. Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs), darunter die Konrad-Adenauer-Stiftung, sind fassungslos nach den Polizei-Razzien gegen 17 Organisationen in Ägypten. Derartiges hatte selbst der im Februar gestürzte Diktator Mubarak nicht gewagt.In einer offensichtlich seit längerem geplanten Aktion hatten am Donnerstag Soldaten und schwarz gekleidete Polizisten die Büros der NGOs gestürmt, stundenlang durchsucht und Computer, Akten und Handys beschlagnahmt. Büros wie jenes der Konrad-Adenauer-Stiftung wurden versiegelt. Offiziell hieß es lediglich, es handele sich um Ermittlungen wegen des Verdachts illegaler "Finanzierung aus dem Ausland" sowie um Überprüfung von Genehmigungen für die Aktivitäten der Organisationen.

NGO-Vertreter verurteilen diese "intensive Kampagne zur Demontage der Zivilgesellschaft" auf das Schärfste und werten dies als den bisher deutlichsten Beweis dafür, dass der regierende Militärrat keinerlei Absicht hege, Ägypten auf den Weg zu einer echten Demokratie zu führen. Zudem suchten die herrschenden Militärs "Sündenböcke" für ihr eigenes Versagen, einen ruhigen Übergang in die Nach-Mubarak-Ära zu garantieren. Amnesty International meint, der Militärrat attackiere vor allem jene NGOs, die die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen kritisieren.

Zweifellos ist die Aktion ein Indiz für eine verschärfte Kampagne zur Diffamierung von Demokratie-Aktivisten im Land und zur Aufstachelung nationalistischer Gefühle, die mehr und mehr Ägypter gegen liberale Kräfte mobilisieren soll.

NGOs gelten in den arabischen Diktaturen traditionell als höchst gefährliche Kräfte, die die Grundfesten der autokratischen Systeme zu erschüttern drohen. Eine lebendige Zivilgesellschaft untergräbt die jahrzehntelang der Bevölkerung eingeimpfte Vorstellung, dass die herrschende Elite das politische Geschäft zum Wohl des Volkes am besten versteht. Selbst soziale Organisationen werden mit Argusaugen beobachtet, da sie durch ihre Aktivitäten die Unzulänglichkeit des Staates entlarven. Deshalb ist in den meisten arabischen Ländern die Gründung von NGOs an strikte Auflagen gebunden oder gar ganz verboten. Mubarak aber hatte in Ägypten dennoch eine relativ lebendige Zivilgesellschaft geduldet - nicht allerdings, ohne sich die Möglichkeit zu spontanen Schlägen mit Hilfe strikter Gesetze zu sichern. Diese beziehen sich vor allem auf ausländische Hilfsgelder, die vom Staat genehmigt werden müssen. Unter dem Vorwand fehlender Genehmigungen ließen sich denn auch in der Vergangenheit unbequem gewordene Menschenrechtsaktivisten hinter Schloss und Riegel bringen.

Ägyptische und ausländische NGOs spielen seit dem Sturz Mubaraks eine entscheidende Rolle bei dem Versuch, das Militär zur Einhaltung seiner Demokratie-Versprechen zu zwingen. Deshalb hatte der Justizminister im Oktober zwei Richter mit der Untersuchung der Finanzierungen von NGOs beauftragt und angekündigt, dass jene Organisationen, die für schuldig befunden würden, mit einer Anklage wegen des "Verrats an Ägypten durch bewusste Förderung politischer Konflikte" rechnen müssten. Ägyptens Streitkräfte freilich sind seit mehr als drei Jahrzehnten die Empfänger der größten Auslandshilfe in Höhe von 1,5 Milliarden Dollar pro Jahr - von den USA.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort