Politische Sturheit bringt 700 000 Jobs in Gefahr

Washington. Ende Februar wird es passieren. Anders als beim Drama um die Fiskalklippe zum Jahreswechsel erwarten Insider in Washington diesmal keine Einigung in letzter Minute. Es drohen automatische Ausgabenkürzungen von insgesamt 1,2 Billionen Dollar (898 Milliarden Euro) über die nächsten zehn Jahre

Washington. Ende Februar wird es passieren. Anders als beim Drama um die Fiskalklippe zum Jahreswechsel erwarten Insider in Washington diesmal keine Einigung in letzter Minute. Es drohen automatische Ausgabenkürzungen von insgesamt 1,2 Billionen Dollar (898 Milliarden Euro) über die nächsten zehn Jahre. Doch der US-Kongress erweckt nicht den Eindruck, als wäre es besonders dringlich, einen Kompromiss zu finden: Die Repräsentanten machen Sitzungspause bis Ende der Woche. Dann bleiben nur noch wenige Tage, um den sogenannten Sequester zu verhindern.Der Spar-Mechanismus stammt aus dem Jahr 2011. Damals sahen die Republikaner die notwendige Anhebung der Neuverschuldungsgrenze als Hebel, um Ausgabenkürzungen zu erzwingen. Angesichts der unmittelbar drohenden Staatspleite einigten sich beide Seiten dann doch auf eine Vertagung des Streits. Als Druckmittel beschlossen sie jedoch pauschale Kürzungen bei Verteidigung und innerer Sicherheit, bei Bildung und Sozialprogrammen; diese treten automatisch in Kraft, falls bis zu einem bestimmten Zeitpunkt keine Einigung gelingt.

Dieses Datum steht nun kurz bevor. Und die Tatsache, dass die Karenzzeit ungenutzt verstrich, ist nur ein weiterer Beleg für die politische Selbstblockade. Statt chirurgische Schnitte zu setzen, riskiert Washington, dass die Pauschalkürzungen den zaghaften Aufschwung abwürgen. Um zu illustrieren, was da auf dem Spiel steht, trat Obama umgeben von Feuerwehrleuten und Rettungshelfern vor die Presse. Es gehe keineswegs um abstrakte Dinge, sagte der Präsident angesichts der ersten 64 Milliarden Euro, die in diesem Jahr wegfallen. Und mahnte: "Das Wohlergehen von Menschen steht auf dem Spiel."

Allein das Verteidigungsministerium wollte diese Woche mehr als 800 000 Zivilbeschäftigte warnen, dass sie mit Kurzarbeit und Schlimmerem rechnen müssen. Die Behörden arbeiten derweil daran, wie sie pro Beamten und Jahr 22 Arbeitstage streichen können. Selbstverständlich ohne Bezahlung. Obama beschrieb ein düsteres Szenario, bei dem "Staatsanwälte Ermittlungen aufgeben und Kriminelle laufen lassen müssen". Auf zehntausende Eltern kämen Probleme bei der Kinderbetreuung zu. Erwartet werden zudem längere Schlangen bei der Sicherheits-Kontrolle an Flughäfen, Einschnitte bei der Forschung sowie bei Programmen für Senioren und Obdachlose, aber auch Probleme bei den Grenzkontrollen. Hart trifft es zudem Freiberufler und Unternehmer, die von Regierungsaufträgen abhängen.

Der unabhängige Rechnungshof des Kongresses erwartet den Verlust von 750 000 Arbeitsplätzen infolge des Sequesters sowie einen erneuten Dämpfer für die Wirtschaft. Und die Lage könnte sich verschärfen, wenn Ende März auch die Bewilligung neuer Haushaltsmittel für das laufende Budget scheitert. Dann droht, wie schon 1995 und 1996, ein regelrechter Staatsinfarkt - die Arbeit in Ministerien und Behörden käme vollständig zum Erliegen.

Bisher gibt es kein Signal, dass Repräsentantenhaus oder Präsident ernsthaft an einer Lösung arbeiten. Knackpunkt bleibt Obamas Forderung nach einem ausgewogenen Mix aus Kürzungen und Steuer-Mehreinnahmen. Die Republikaner beharren dagegen auf einem reinen Sparpaket. Dennoch haben beide Seiten ein gemeinsames Ziel: dafür zu sorgen, dass nach einem Scheitern der jeweils Andere den Schwarzen Peter hat.

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