Olympia - Spiel mit dem Tod

Meinung · Da werden sich die ehrenwerten Herren des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) in den nächsten Tagen wieder kräftig selbst feiern. "Die olympischen Winterspiele von Vancouver sind vorbei, sie waren großartig" - so wird die offizielle Bilanz ihres Präsidenten Jacques Rogge ausfallen. Wetten, dass? Mögen sich die Senioren vom IOC auch damit froh reden, glauben werden es nur wenige

Da werden sich die ehrenwerten Herren des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) in den nächsten Tagen wieder kräftig selbst feiern. "Die olympischen Winterspiele von Vancouver sind vorbei, sie waren großartig" - so wird die offizielle Bilanz ihres Präsidenten Jacques Rogge ausfallen. Wetten, dass? Mögen sich die Senioren vom IOC auch damit froh reden, glauben werden es nur wenige. Denn die Spiele von Vancouver werden als diejenigen in die Geschichte eingehen, bei denen der erste Teilnehmer eines sportlichen Wettkampfs ums Leben kam.Sicher könnte der junge georgische Rodler Nodar Kumaritaschwili noch leben. Eine Polsterung, wie es sie an jeder besseren Freizeit-Skipiste gibt, hätte wahrscheinlich genügt. Auch in anderen Disziplinen gab es gravierende Sicherheitsmängel, doch vielfach wurden Bedenken mit unerträglicher Arroganz einfach weggewischt. Bobfahrern, die ihre Strecke für zu gefährlich hielten, verpassten die Funktionäre einen Maulkorb. Dabei waren es wahrlich keine Anfänger, die da mit den Bob-Kufen nach oben durch den Eiskanal katapultiert wurden. Zynismus pur, ebenso wie beim Abfahrtsrennen der Frauen: Im laufenden Wettbewerb musste die Strecke entschärft werden, nachdem selbst Spitzenathletinnen schwer gestürzt waren. Auch dort hatte es schon im Vorfeld Zweifel an der Sicherheit gegeben. Im Langlauf-Sprint holte man eine offensichtlich schwer verletzte Läuferin nicht von der Strecke - die Bilder der im Ziel vor Schmerzen schreienden Bronzemedaillen-Gewinnerin, Petra Majdic aus Slowenien, gehören zu den schockierendsten dieser Winterspiele. Sloweniens Regierung aber verirrte sich zu dem Entschluss, ihre "Heldin" mit der Tapferkeits-Medaille auszuzeichnen - als Vorbild für die Jugend. Nein, Sport als Spiel mit dem Tod, das darf einfach nicht sein. Schon gar nicht bei Olympia. Es macht deshalb fassungslos, wenn IOC-Vize Thomas Bach nichts Eiligeres zu tun hat, als die Verantwortung für all diese Schlampereien auf andere abzuwälzen: Die einzelnen Weltverbände seien schuld, nicht etwa das IOC als Veranstalter der Spiele und Gastgeber für die Jugend der Welt. Ein Glück, dass wenigstens die Sportler nicht vergessen hatten, warum sie nach Kanada gekommen waren. Die Wettkämpfe insgesamt verliefen wohltuend fair. Und die Bilanz der deutschen Mannschaft kann sich - vor allem dank des neuen "Fräulein-Wunders" - durchaus sehen lassen. Was sich auch im Medaillenspiegel entsprechend positiv niederschlägt, der für viele Sportinteressierte immer noch wichtigster Gradmesser ihrer persönlichen Olympia-Bilanz ist.

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