Ohne Sinn und Verstand

Was die griechische Regierung derzeit abliefert, ist nicht der Stoff, aus dem moderne Heldensagen gestrickt werden. Ohne eigene Konzepte lassen Premier Tsipras und seine rechten Koalitionspartner den Zug auf einen Abhang zurasen, offensichtlich beseelt von dem Vertrauen, dass die Euro-Familie am Ende doch klein beigeben wird.Wenn sie sich da mal nicht irren.

Selten zuvor hat eine neue Regierung in der EU binnen derart kurzer Zeit jedes Verständnis verspielt. Die Forderung nach neuen Milliardenkrediten ohne Gegenleistung ist nicht nur illusorisch, sondern auch naiv. Es geht um das Schicksal der Griechen, das ist schon wahr. Aber es geht eben auch um das Geld der Steuerzahler in Deutschland, Frankreich oder Spanien. Und die sind nun wahrlich die Letzten, die Schuld an der Misere unter der Akropolis tragen.

Die Euro-Zone hat sich dennoch bewegt. Nach wie vor steht die Zusage im Raum, dem Land helfen zu wollen. Hübsch verpackt in weitere 18 Milliarden Euro zur Überbrückung. Das ist genau das, was sich Tsipras noch im Wahlkampf gewünscht hat. Bis auf die lästigen Reformen. Aber glaubt man in Athen wirklich, die Helfer würden darauf verzichten, jene Maßnahmen einzufordern, die ihre Hilfe zu einer begrenzten Unterstützung machen - und nicht zu einer Dauer-Alimentierung, damit die linke Syriza-Regierung soziale Wohltaten verteilen kann? Das Unverständnis über die griechische Ungerechtigkeit im Steuerwesen oder bei der Einziehung staatlicher Abgaben - all das kann und darf kein Geldgeber hinnehmen, der verpflichtet ist, mit den Steuern seiner Bürger verantwortungsvoll umzugehen.

Eine umsichtige und langfristig denkende Führung in Athen wird Einlenken. Spätestens am Freitag. Denn eine Staatspleite lässt sich den Wählern nicht als Erfolg verkaufen. Tsipras verwechselt Ursache und Wirkung. Nicht die Auflagen der Währungsunion sind Schuld an dem Desaster der Hellenen, sondern ihre eigene Haushaltsführung. Nicht nur der Euro-Raum steht inzwischen geschlossen hinter dem harten Kurs gegenüber Athen , sondern auch die übrigen EU-Mitglieder. Politik mit dem Geld anderer machen zu wollen, kommt nicht gut an.

Wer also stoppt Regierungschef Tsipras? Noch wird diese Frage vielleicht nur außerhalb Griechenlands gestellt. Aber wenn die Regierung den richtigen Zeitpunkt für eine Verständigung mit ihren Partnern verpasst, dürften auch immer mehr Hellenen aufwachen und sich fragen, ob sie tatsächlich einen Hoffnungsträger oder einen Politiker gewählt haben, der dem Land den Todesstoß gibt. Ohne Euro steht Griechenland eine Höllenfahrt bevor. Tsipras sollte langsam begreifen, wo Griechenlands Freunde sitzen.

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