Obamas Jemen-Problem

Meinung · Der Jemen war jahrelang ein vernachlässigter Nebenkriegsschauplatz im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus. Ein von Washington kaum beachtetes Land, weil man im Weißen Haus nach den Anschlägen des 11

Der Jemen war jahrelang ein vernachlässigter Nebenkriegsschauplatz im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus. Ein von Washington kaum beachtetes Land, weil man im Weißen Haus nach den Anschlägen des 11. September 2001 zunächst nach Afghanistan blickte, sich dann ohne Not und schlüssige Begründung in das Irak-Abenteuer stürzte und nun verzweifelt versucht, in Afghanistan wieder die Oberhand zu gewinnen. Jetzt, nach dem im Jemen ausgeheckten Airbus-Anschlag, bemerkt man die Brisanz der Lage - und entwickelt über Nacht Aktionismus und die Bereitschaft zu höheren Hilfszahlungen. Der Westen sieht sich dabei einer Herausforderung gegenüber, die der Situation in Pakistan ähnelt. Die Grenzen des Jemen sind porös. Auch hier gelten Teile von Geheimdienst und Militär als Sympathisanten radikaler Islamisten. Hinter der Stabilität des Landes stehen Fragezeichen. Und die Antiterror-Politik des Jemen ist zweifelhaft, wie die schnelle Freilassung prominenter Extremisten und die Aufnahme früherer Guantanamo-Insassen zeigt, die dort nun für eine Al-Qaida-Filiale kämpfen. So wurde der Drahtzieher des Anschlags auf den US-Zerstörer "USS Cole", Jamal al Badawi, im Jahr 2007 auf freien Fuß gesetzt. Er und zwei Dutzend seiner ebenfalls entlassenen Haftgenossen zählen heute zu jener "Zelle", die offenbar den Airbus-Attentäter trainiert hat. Und keine Probleme hatte man im Jemen offensichtlich mit der Aufnahme zweier Landsleute, die George W. Bush im Jahr 2007 aus Guantanamo nach Saudi-Arabien in ein "Rehabilitierungsprogramm" entließ. Im Januar 2009 meldeten sie sich aus dem Jemen mit einem Video als Al-Qaida-Aktivisten zurück. Zudem gibt es eine Querverbindung zwischen dem Airbus-Täter und dem Amokschützen von Fort Hood, Nidal Hassan. Beide hatten persönlichen Kontakt zum Hassprediger Anwar Awlaki. Dessen Wohnsitz ist der Jemen. Auch gibt es Indizien dafür, dass sich die schwache Regierung in Sanaa Extremisten als Söldner gegen Rebellen bedient. Dies zeigt, wie schwer es dem Westen fallen dürfte, auf Dauer eine von Herzen kommende Kooperation des Jemen im Antiterror-Kampf zu erreichen. Wie also will Obama Erfolge erzielen? Vermutlich bleibt ihm nur eine Alternative: Den Jemen zu bitten, nicht nur mit den US-Militärs zu kooperieren, sondern ihnen weitestgehend freie Hand zu geben - verbunden mit dem Hinweis, den Kampf auch ohne Absprache führen zu können. Dass dieser wie in Pakistan vor allem aus der Luft geführt werden wird, scheint klar: Eine weitere Bodentruppen-Front kann sich der Friedens-Nobelpreisträger politisch nicht leisten.

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