Obamas Herzens-Projekt soll als erstes dran glauben

Washington · Es ist die erste politische Schlacht der Ära Trump: Die Republikaner wollen Obamacare, die 2010 beschlossene Gesundheitsreform, im Schnellverfahren rückgängig machen. Die Opposition wirft ihnen vor, aus ideologischem Eifer zu handeln, ohne eine Alternative anzubieten. Die Einschnitte ins Gesundheitssystem würden Amerika nicht wieder groß machen, wie es Trump mit seinem Wahlkampf-Slogan "Make America Great Again" versprach, schimpft Chuck Schumer, der neue Fraktionschef der Demokraten im Senat . Stattdessen würden sie Amerika wieder krank machen.

Bereits am Mittwoch war Barack Obama in den Kongress gekommen, um seine Partei einzustimmen auf das bevorstehende Ringen. Der scheidende Präsident, so berichteten Teilnehmer der Runde, habe die Abgeordneten angefeuert, den Kampf anzunehmen. Er beneide sie, habe er gesagt: "Ich wäre so gerne dabei." Allerdings ziehen die Demokraten praktisch chancenlos in die Schlacht. Ab dem 20. Januar, wenn Trump seinen Amtseid ablegt, kontrollieren die Republikaner die Exekutive ebenso wie die Legislative, mit komfortablen Mehrheiten in beiden Kammern des Parlaments. Ihrem Angriff auf die Gesundheitsreform steht also nicht viel im Weg. In sechs Monaten, so schätzen die Strategen der Republikaner, werde Obamas wichtigstes innenpolitisches Projekt Geschichte sein. Im Senat sind die ersten Weichen dafür bereits gestellt.

Schwierig dürfte jedoch die Suche nach Alternativen werden. Im Wahlkampf hatte Trump vollmundig versprochen, Obamacare durch "etwas Wunderbares" zu ersetzen. Nach dem, was er bislang in groben Umrissen skizzierte, sollen die Versicherer in härteren Wettbewerb treten, damit Quasi-Monopole fallen und die Beiträge der Versicherten sinken. Tatsächlich hatte der Ärger über erhebliche Preissteigerungen etliche Wähler ins Trump-Lager gespült. Allein in diesem Jahr sollen die Prämien im Schnitt um 22 Prozent teurer werden.

Ohne den dämpfenden Effekt der Reform, glauben zahlreiche Experten, wären die Kosten allerdings noch mehr ausgeufert. Denn nicht Obamacare sei die Wurzel des Übels, sondern ein bisweilen grotesk ineffizienter medizinischer Komplex. Er steht für 17 Prozent der US-Wirtschaftsleistung - mehr als in jedem anderen Industrieland. Dank der Novelle sind rund 20 Millionen Amerikaner krankenversichert, die zuvor ohne jeglichen Schutz waren und im Fall einer schweren Erkrankung in den finanziellen Ruin zu rutschen drohten. Wer an einer der Online-Börsen einen Versicherungsvertrag kauft, bekommt - je nach Einkommen - Subventionen vom Staat, ohne die eine solche Police für viele unerschwinglich wäre. Wer sich nicht versichert, muss einen Steueraufschlag berappen.

Trump, so scheint es, will die staatlichen Zuwendungen entweder ganz streichen oder aber drastisch kürzen und die Steueraufschläge abschaffen; aber auch da mangelt es noch an Details. Nach seinem Wahlsieg nannte Trump einige Punkte, die er erhaltenswert findet. Allem voran die Verfügung, dass die Versicherungsbranche keinen Antragsteller wegen chronischer Krankheiten ablehnen darf. "Die Republikaner werden bald lernen, dass man sich die guten Teile der Reform nicht herausklauben kann, ohne zu sagen, wie man sie finanziert", kommentiert der demokratische Senator Schumer.

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