Obama zeigt bei Umwelt kühlen Pragmatismus

Washington. Greenpeace spricht von einem Schritt in die falsche Richtung. Vor den Küsten erneut nach Öl zu bohren, das verstärke nur Amerikas Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen, während "China und Deutschland das Rennen um erneuerbare Energien gewinnen"

Washington. Greenpeace spricht von einem Schritt in die falsche Richtung. Vor den Küsten erneut nach Öl zu bohren, das verstärke nur Amerikas Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen, während "China und Deutschland das Rennen um erneuerbare Energien gewinnen". Der Naturschutzbund Sierra Club sieht zusätzliche Gefahren für Eisbären und Wale im Refugium Alaskas heraufziehen: Trotz besserer Technik sei die Gefahr einer Ölpest eben nie zu bannen.Nach seiner Ankündigung, in weiten Abschnitten des Küstenschelfs der USA wieder Bohrtürme zu erlauben, muss sich Barack Obama heftige Kritik gefallen lassen. Umweltbewegte Amerikaner, die einst zu seinen treuesten Anhängern zählten, nehmen dem Präsidenten übel, was sie für eine fatale Kehrtwende halten. Der Kandidat Obama hatte eine Lockerung des Bohrstopps noch abgelehnt, sich deutlich abgesetzt von der republikanischen Konkurrenz, vor allem von Vize-Präsidentschaftskandidatin Sarah Palin. Heute fragt Greenpeace scharf: "Ist das etwa Obamas sauberer Energieplan? Oder ist es Palins Kampagne?" Eher ist es wohl eine Art Mittelweg, typisch für einen Präsidenten, der kühlen Pragmatismus zu seinem Markenzeichen macht. "Das ist keine Entscheidung, die ich leichten Herzens getroffen habe", sagte Obama, als er den Schwenk verkündete, auf dem Luftwaffenstützpunkt Andrews skurril inszeniert vor der Kulisse von Kampfjets, die mit Biotreibstoff fliegen. Nur bleibe Amerika nichts anderes übrig, als weiterhin alte Energiequellen auszubeuten, während es beschleunigt neue entwickle.Konkret bedeutet der Plan, dass vor der Atlantikküste, von Delaware bis Florida, wieder nach Öl gebohrt werden darf. Nördlich der Delaware-Mündung, bis hinauf nach Maine, bleiben Offshore-Plattformen tabu, was die Regierung mit besonders schützenswerter Fauna begründet. Fürs Pazifikufer bleibt ein 1982 vom US-Kongress beschlossenes Moratorium in Kraft. Im Südwesten Alaskas wird die Bristol Bay, bekannt für ihre reichen Fischgründe, ausdrücklich zum Schutzgebiet erklärt. Freigegeben wird dagegen arktischer Meeresboden nördlich von Alaska. Im Golf von Mexiko, wo Rohöl schon bisher gefördert werden durfte, wird die Zone, in der Bohrinseln stehen dürfen, nach Osten ausgedehnt, auf die Strände Floridas zu.Vergleicht man es mit den Konzepten der Konservativen, wirkt Obamas Blaupause eher wie eine Kompromissvariante. Sein Vorgänger George W. Bush hatte erst vor zwei Jahren grünes Licht für eine schrankenlose Offshore-Offensive gegeben, womit er pikanterweise Entscheidungen seines Vaters aufhob. Es war George Bush senior, der 1990 speziell für die Bristol Bay ein Bohrverbot erließ, nachdem der Tanker "Exxon Valdez" vor Alaska auf Grund gelaufen war und eine schmierige Lache die Umwelt verseucht hatte. Dort zurrt Obama das Moratorium fest, an der Enttäuschung der Umweltaktivisten ändert es freilich nichts. Taktisches Kalkül dürfte eine wichtige Rolle bei der Richtungsänderung gespielt haben. Nach Ostern soll der Senat über ein Klimaschutzgesetz debattieren, Emissionshandel und Obergrenzen für den Kohlendioxid-Ausstoß eingeschlossen. Energiepolitische Zugeständnisse der Regierung - im Februar Milliardenbürgschaften für den Bau neuer Atomkraftwerke, jetzt grünes Licht für neue Bohrtürme - sollen helfen, den Widerstand der Konservativen zu lockern.

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