Nichtraucherland Saarland

Meinung · Der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes hat das strenge Rauchverbot der Jamaika-Koalition für verfassungsgemäß erklärt. Die Politik, allen voran der eifrigste Kämpfer für das Verbot, Grünen-Chef Hubert Ulrich, hat damit ihr Ziel erreicht: Der Schutz der Gesundheit genießt künftig einen höheren Stellenwert als etliche Freiheitsrechte der Bürger

Der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes hat das strenge Rauchverbot der Jamaika-Koalition für verfassungsgemäß erklärt. Die Politik, allen voran der eifrigste Kämpfer für das Verbot, Grünen-Chef Hubert Ulrich, hat damit ihr Ziel erreicht: Der Schutz der Gesundheit genießt künftig einen höheren Stellenwert als etliche Freiheitsrechte der Bürger. Damit wird auch hierzulande einem Stimmungswechsel Rechnung getragen: War Rauchen früher Ausdruck einer leichten Lebensart, gilt es heute fast schon als geächtete Schandtat.Dass am Ende ausgerechnet ein Minister einer Partei, die sich in ihren Wahlprogrammen für mehr Freiheit und weniger staatliche Bevormundung einsetzt, zum ersten Verteidiger des Verbots wurde, gehört zu den vielen seltsamen Randnotizen einer quälenden Politik-Posse. Der liberale Gesundheitsminister Georg Weisweiler war es, der gestern vor Gericht erst die Gefahren des Rauchens geißelte, um danach davon zu sprechen, dass man sich nun wieder um wichtigere Aufgaben kümmern könne.

Es ist müßig, die alte Diskussion um Sinn oder Unsinn eines radikalen Rauchverbots neu zu entfachen. Der Kampf ist entschieden, auch weil der Zeitgeist mit dem allgegenwärtigen Wellness- und Gesundheitswahn offenbar keine Kompromisse zuließ. Deshalb erübrigt sich auch die Frage, warum die bis gestern geltende Konsens-Regelung, mit der die Saarländerinnen und Saarländer ganz offensichtlich gut leben konnten, keine weitere Chance erhalten hat.

Fragen muss man aber nach dem Prozess der Meinungsbildung im höchsten Gericht des Landes, das bei seinem ersten "Raucher-Urteil" vom Dezember 2008 und seiner Einstweiligen Anordnung vom Juni 2010 noch eher "raucher-freundlich" geurteilt hatte. Die Argumente, die damals angeführt wurden, haben keineswegs an Wahrheitsgehalt verloren. So spricht manches dafür, dass sich auch die saarländischen Richter bei ihrer Urteilsfindung mehr an den Regelungen in anderen (Bundes-)Ländern und dem Zeitgeist orientierten, als an Gründen, denen sie vor nicht allzu langer Zeit noch Gewicht zugebilligt hatten.

Mag sein, dass die Mehrheit der Bürger das totale Rauchverbot begrüßt. Ob eine Mehrheit indes auch die auffallende Entwicklung erfreulich findet, dass immer mehr Lebensbereiche gesetzlich reglementiert werden, ist fraglich. Die FDP, die ursprünglich gegen das strenge Verbot war, wollte mal "das Verbieten verbieten". Man sollte schleunigst damit anfangen. Sonst drohen demnächst amerikanische Verhältnisse: In vier Wochen wird an vielen Plätzen in New York auch das Rauchen unter freiem Himmel verboten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Zur Atom-Katastrophe in Japan schreibt die Zeitung "Dresdner Neueste Nachrichten": Japan zeigt, die größte Gefahr für einen reibungslosen Betrieb von Kernkraftwerken sind seine Betreiber. Doch Japan ist überall. (. . .) Der Störfall Mensch lässt
Zur Atom-Katastrophe in Japan schreibt die Zeitung "Dresdner Neueste Nachrichten": Japan zeigt, die größte Gefahr für einen reibungslosen Betrieb von Kernkraftwerken sind seine Betreiber. Doch Japan ist überall. (. . .) Der Störfall Mensch lässt