Neuer US-Sicherheitsberater O’Brien Technokrat folgt auf Ideologen im Weißen Haus

Washington · Für Schlagzeilen hat Robert O’Brien, Donald Trumps neuer Nationaler Sicherheitsberater, bislang noch nicht gesorgt. Anders als sein Vorgänger John Bolton, der lautstark warb für seine Überzeugung, dass zur Regelung internationaler Konflikte im Zweifel auf amerikanische Waffenmacht zu setzen sei, gilt der Anwalt aus Los Angeles als ein Mann der leisen Töne.

 Robert O‘Brien nimmt künftig die Schlüsselstellung in der US-Sicherheitspolitik ein.

Robert O‘Brien nimmt künftig die Schlüsselstellung in der US-Sicherheitspolitik ein.

Foto: AP/Evan Vucci

Als einer, der lieber hinter den Kulissen agiert als im Scheinwerferlicht. Ein Managertyp, eher pragmatisch beweglich denn ideologisch festgelegt.

Für manche hat es etwas Beruhigendes, dass der US-Präsident einem vergleichsweise stillen Technokraten die Stelle im Weißen Haus anvertraut, an der – zumindest theoretisch – die Fäden amerikanischer Außen- und Sicherheitspolitik zusammenlaufen. O’Brien, schreibt die Washington Post unter Berufung auf hohe Regierungsbeamte, sei die Nummer sicher. Der Kandidat, der die wenigsten Reibungen verursachen dürfte in einer Zeit, in der sich Trump mit Blick auf den Wahlkampf 2020 so wenig personelle Dramen wie möglich im innersten Zirkel der Macht wünsche. Im Unterschied zu Bolton, der sich mit ruppigen Worten und spitzen Ellenbogen viele Feinde gemacht haben soll, gilt er als Mannschaftsspieler.

In der Republikanischen Partei, die lange mit dem populistischen Seiteneinsteiger Trump fremdelte, ist O’Brien bestens vernetzt. Beispielsweise beriet er Mitt Romney, 2012 der Herausforderer Barack Obamas im Duell ums Oval Office, der sich wie er zum mormonischen Glauben bekennt. Gegen Ende der Ära Obama gab er eine Sammlung von Essays heraus („While America Slept“), die er als „Weckruf“ verstanden haben wollte, da die Welt in seinen Worten durch Obamas passives „Führen von hinten“ gefährlicher geworden sei.

Bis 2011 war er Mitglied eines Regierungsgremiums, das versuchen sollte, den Schmuggel antiker Kunstschätze einzudämmen. Zuvor hatte er von Condoleezza Rice, der Chefdiplomatin George W. Bushs, den Auftrag erhalten, eine Justizreform in Afghanistan zu unterstützen. Das Projekt verlief im Sande, zumal amerikanische Politiker, Demokraten wie Republikaner, immer vernehmlicher erklärten, dass man nicht zum „nation-building“ am Hindukusch sei, weil der Wiederaufbau einer Nation die Kräfte der eigenen Nation überfordern würde.

Was vielleicht das Wichtigste ist: O’Brien wird protegiert von Außenminister Mike Pompeo, der mit der Personalie seinen Einfluss in der Machtzentrale stärken dürfte. Nachdem Pompeo Minister wurde, war O’Brien zum Sondergesandten für Geiselangelegenheiten ernannt worden. Unter anderem erreichte er die vorzeitige Freilassung Andrew Brunsons, eines Pfarrers aus North Carolina, den ein Gericht in der Türkei der Spionage und der „Unterstützung von Terroristen“ für schuldig befunden und zu drei Jahren und einem Monat Gefängnis verurteilt hatte. Die Causa Brunson hatte das Verhältnis zwischen Washington und Ankara schwer belastet. Eine Zeit lang glaubte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, er könne den Pastor gegen Fethullah Gülen austauschen, den ins Exil in Pennsylvania geflohenen Prediger, dem er einen Putschversuch zur Last legte. Indem O’Brien die Causa Brunson löste, hat er sich bei Trump, der dem Fall etliche Tweets gewidmet hatte, offenbar für höhere Aufgaben empfohlen. Für Stirnrunzeln sorgte der ansonsten eher unauffällig agierende Anwalt allerdings im vergangenen Juli, als er in Stockholm den Prozess gegen A$AP Rocky beobachtete, einen Rapper, der sich nach einer Prügelei vor Gericht verantworten musste. Einen Geiselbeauftragten in die Hauptstadt eines Rechtsstaats zu schicken, als hege man Zweifel an schwedischer Rechtsstaatlichkeit – es wirkte zumindest skurril. 

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort