Neue Runde im Wettstreit Maschine gegen Mensch

Seoul · Fällt eine weitere Bastion menschlichen Intellekts endgültig an die Computer? Nächsten Dienstag wird die Frage geklärt sein. Dann endet das Fünf-Spiele-Match der Google-Software Al pha Go gegen Lee Sedol, einen der besten Go-Spieler unserer Zeit.

Europameister Fan Hui wurde im vorigen Herbst mit 5:0 bezwungen. Der Ausgang des Kräftemessens mit Sedol, das heute beginnt, gilt als offen.

Ganz nebenbei geht es um ein Preisgeld von einer Million Dollar. Aber viel wichtiger ist, dass das Match in Seoul ein ähnlicher Meilenstein werden dürfte wie die historischen Begegnungen zwischen Schach-Weltmeister Garri Kasparow und dem IBM-Computer "Deep Blue" 1996 und 1997. Den ersten Durchgang entschied Kasparow mit 4:2 für sich; doch die beiden von "Deep Blue" gewonnenen Spiele waren die ersten Siege einer Maschine gegen einen amtierenden Schach-Weltmeister. Bei der Revanche 1997 setzte sich dann "Deep Blue" durch, und seither haben menschliche Spieler im Schach keine echte Chance mehr gegen die künstliche Intelligenz.

Go hat auf den ersten Blick einfachere Regeln als Schach: Die Spieler platzieren abwechselnd ihre Steine auf einem Brett. Es geht darum, mehr Fläche als der Gegner zu erobern. Doch Go, das vor mehr als 2000 Jahren in China entstand, war bislang zu komplex für Software - es gibt einfach zu viele potenzielle Entwicklungen des Spielverlaufs. Weil selbst die mächtigsten Computer sie nicht zu jedem Zug durchrechnen könnten, setzen die Entwickler von AlphaGo auf eine andere Strategie: Ihre Software ahmt den Menschen nach.

Zunächst wurden 30 Millionen Spielzüge von Experten eingespeist. Danach konnte das Programm den nächsten Zug des Menschen in 57 Prozent der Fälle vorhersagen. Um besser zu werden, spielte AlphaGo anschließend gegen sich selbst. Das Programm habe sich dabei "erstaunliche Fähigkeiten" angeeignet, sagt Demis Hassabis. Er ist Mitgründer der britischen Software-Firma Deep Mind, die 2014 von Google übernommen wurde.

Ob diese Fähigkeiten für einen Sieg gegen Lee Sedol reichen, bleibt die spannende Frage. Der Champion selbst zeigt sich zuversichtlich. "Ich würde sagen, es wäre schon der Sieg für den Computer, wenn er auch nur eine Partie gewinnt", meint der 33-Jährige. Die Schönheit des Go könne eine Maschine ohnehin nicht verstehen. Allerdings sei es unvermeidlich, sagt Sedol, dass künstliche Intelligenz eines Tages die menschlichen Spieler besiege. Auch einige Experten aus Korea sehen den Südkoreaner im Vorteil. Während AlphaGo bei der kurzfristigen Strategie ausgezeichnet funktioniere, schwächele die Software noch beim "Nach-Vorne-Denken", argumentiert etwa Jeong Jaesung vom KAIST-Institut für Wissenschaft und Technologie.

Software-Experte Hassabis dagegen sieht durchaus Siegchancen für AlphaGo. Eine Stärke des Programms sei es nun mal, dass es niemals müde werde. Zudem ist der vor kurzem bezwungene Europameister Fan Hui jetzt Berater von Deep Mind - ein strategischer Pluspunkt. Die fünf Partien des Go-Wettstreits überträgt Google live über die Videoplattform YouTube .

Unabhängig davon, wie der Endstand nächsten Dienstag aussieht: Die Technologie von AlphaGo soll künftig nicht nur für Spiele eingesetzt werden. Einsatzbereiche sieht Firmenschaf Hassabis zum Beispiel im Gesundheitswesen oder bei Robotern für Haushalt und Altenpflege.

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