Nach der Späh-Affäre neigt Obama zum Reförmchen

Washington · Edward Snowdens Enthüllungen über die massiven Späh-Aktivitäten des US-Gehiemdienstes NSA bleiben hartnäckig in den Schlagzeilen. Auch international.

Und so wächst die Spannung, was Präsident Barack Obama Anfang nächsten Jahres an Reformen bei der Geheimdienstarbeit verkünden wird. Wie weit wird er sich vorwagen?

Derzeit sieht es nicht danach aus, als ob der NSA tatsächlich die Zügel angelegt werden. Darauf deutet die am Wochenende bekannt gewordene Entscheidung Obamas hin, das im Pentagon angesiedelte Cyber-Kommando und die NSA-Führung auch nach dem Ausscheiden des bisherigen Geheimdienst-Chefs Keith Alexander in einer Hand zu belassen. Zahlreiche Kritiker - auch in den Reihen der Regierung - beanstanden die Doppelfunktion seit langem. Zum einen, so argumentieren sie, fällt das Amt damit stets einem Militär-Angehörigen zu, der sich weniger von privatrechtlichen Erwägungen leiten lassen dürfte als ein Zivilist. Zum anderen erleichtere diese Machtfülle in einer Hand den Missbrauch.

Vor allem Bürgerrechtler halten Obamas Entscheidung für alarmierend - zumal er sie offensichtlich traf, ohne die Empfehlungen eines Expertengremiums für NSA-Reformen abzuwarten. Der Präsident erhielt das Bündel von etwa 40 Vorschlägen erst am Freitagabend, will es im Kontext mit regierungsinternen Reformplänen prüfen und vermutlich im Januar darüber entscheiden.

Nach dem, was bisher durchsickerte, ist schwer einzuschätzen, was eine Umsetzung der Empfehlungen bedeuten würde. So meint das "Wall Street Journal", damit würde der massiven Sammlung von Telefondaten amerikanischer Bürger ein Ende gesetzt. Das Expertenpapier sieht offenbar vor, dass das umstrittene Programm zwar weitergehen darf, die Daten würden aber künftig bei Telefongesellschaften oder einer dritten Partei gespeichert und nicht bei der NSA. Anderen reicht diese Beschränkung allerdings nicht aus. Eine Datensammlung durch Dritte sei keine Lösung, sagt etwa Michelle Richardson von der Bürgerrechts-Organisation Aclu. Es gehe kein Weg daran vorbei, das Datensammeln im bisherigen Umfang zu verbieten.

Der britische "Guardian", über den Snowden den Großteil seiner Enthüllungen transportierte, berichtet unter Berufung auf einen Berater der Expertenrunde, man habe nach möglichst "bescheidenen" Reformen gesucht. Sie sollten dazu dienen, nach dem Sturm der Empörung bald zum "Business as usual" zurückkehren zu können. So dürfte sich auch Obama aus der Affäre zu ziehen versuchen. Im Kern hat er die meisten der unter seinem Vorgänger George W. Bush gestarteten Spähprogramme mit dem Argument unterstützt, diese dienten der nationalen Sicherheit. Viele Experten erwarten deshalb, dass er kaum über die Vorschläge der Kommission hinausgehen wird.

Kein Wunder, dass die "New York Times" bezweifelt, ob es damit gelingen kann, die eigenen Landsleute - oder gar die misstrauischen Deutschen, Mexikaner oder Brasilianer - vom Wandel der Gepflogenheiten zu überzeugen. Und da ist noch ein Problem: Wie die Online-Ausgabe der Zeitung am Samstag berichtete, ist den Behörden das Ausmaß von Snowdens Datenklau noch immer nicht bekannt. Ermittler seien zu dem Schluss gekommen, dies womöglich nie klären zu können. Snowdens Enthüllungen dürften also weiter Wirbel verursachen - auch im US-Regierungsapparat.

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