Mit einer Fußball-WM ist kein Gewinn zu machen

Berlin · Die meisten Deutschen werden zu den Gewinnern der kommenden Fußball-Weltmeisterschaft zählen, denn sie hat einen enormen Freizeitwert. Mutmaßlich wird die bundesweite Party-Stimmung über das gesamte Turnier andauern – wichtiger als der sportliche Erfolg der deutschen Mannschaft wird sein, ob das Wetter mitspielt.

Die Arbeitgeber werden es leicht verkraften, wenn an manchen Tagen wegen der Zeitverschiebung viele Mitarbeiter unausgeschlafen im Betrieb erscheinen. Und die gut 150 Millionen Euro, die ARD und ZDF für die Übertragungsrechte ausgeben mussten, werden die Gebührenzahler auch nicht wirklich schmerzen.

Ganz anders sieht es im Gastgeberland Brasilien aus. Die Kosten für das sportliche Mega-Event sind hoch, und der Jubel ist dort äußerst begrenzt. Denn die Brasilianer zahlen den Preis für unser Sommer-Späßchen. Das Ausrichten eines Spektakels dieser Größenordnung ist für ein Schwellenland wie Brasilien angesichts erheblicher Rückstände in der Infrastruktur ein volkswirtschaftlicher Luxus. Denn trotz gegenteiliger Beteuerungen machen Länder, die Olympische Spiele und bedeutende Weltmeisterschaften ausrichten, keinen volkswirtschaftlichen Gewinn. Vielmehr werden Milliarden in Stadien und Zubringerstraßen gesteckt, die anschließend keiner mehr braucht. Das neue Stadion für das Eröffnungsspiel in Sao Paulo ist ein Musterbeispiel für eine völlig überflüssige Baumaßnahme, die fast eine halbe Milliarde Euro verschlungen hat. Doppelt ärgerlich ist das deshalb, weil Brasilien eine sehr geringe Investitionsquote hat. Es ist also nicht verwunderlich, dass es selbst in diesem fußballverrückten Land heftige Proteste gegen die WM 2014 gibt.

Man kann die derzeitige Situation auch so lesen: Wohlhabende Länder verzichten auf teuren Mega-Veranstaltungen, die sie sich doch unschwer leisten könnten, weil Länder mit im Durchschnitt niedrigen Einkommen diese Kosten auf sich nehmen. Denn die dortigen Politiker glauben, von einem weltweiten Sport-Spektakel profitieren zu können. Allerdings stößt dies zunehmend auf den Unwillen der Menschen in den Ausrichter-Ländern.

Die Sport-Weltverbände sollten deshalb ernsthaft über ihr System und ihre Gewinne nachdenken. Denn langfristig wird es nicht genug Schwellenländer oder Diktaturen geben, die noch bereit sind, große Sport-Ereignisse auszurichten. Um die Kosten in Grenzen zu halten, sollte beispielsweise der Fußball-Weltverband Fifa die Zahl der Stadien, in denen eine WM gespielt wird, deutlich senken und sich an der Finanzierung beteiligen. Das jetzige WM-Format mit 32 teilnehmenden Mannschaften könnte ohne technische Probleme statt in zwölf Stadien - wie in Brasilien - in nur acht Sportstätten ausgetragen werden. Und lediglich vier davon müssten für die Partien ab den Viertelfinals groß ausgebaut werden. So ließen sich riesige Stadion-Ruinen in einzelnen Regionen verhindern. Zudem würde damit auch Korruption auf regionaler und lokaler Ebene begrenzt. Man beachte: Das superreiche Katar plant nach jetzigen Stand, 2022 mit acht Stadien auszukommen. Es geht also. Gert G. Wagner ist Vorstandsmitglied des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Karl Brenke ist in dem Institut als Arbeitsmarkt- und Konjunkturexperte beschäftigt.

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