Millionen für die lieben Kleinen

Berlin · Früher wurde der alte Schlager aus dem Genre „Gedöns“ (Originalton Gerhard Schröder) nur kurz vor Wahlen aufgelegt. Das ist inzwischen anders: Die Familienpolitik hat nicht zuletzt wegen der demografischen Entwicklung einen weitaus höheren Stellenwert erlangt.

Themen wie Elterngeld, Ehegatten-Splitting, Betreuungsgeld, Kita-Ausbau haben zuletzt oft über Wochen die politische Debatte bestimmt. Womit wollen also die Parteien programmatisch in den Wahlkampf ziehen? Fest steht: Teuer wird's.

Kanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer sollen am Wochenende vereinbart haben, die Familienpolitik zum Hauptthema der Unions-Kampagne machen zu wollen. Noch fehlen aber konkrete Vorschläge, weil die C-Parteien nach wie vor an ihrem Wahlprogramm basteln. Eine zentrale Frage ist das Ehegatten-Splitting. Es soll nun offenbar um ein Familien-Splitting ergänzt werden: Im Gespräch ist, Einkommen von Familien mit einem Sprössling nicht mehr nur durch zwei, sondern durch 2,5 zu teilen. Eltern mit Kind bekämen dadurch einen zusätzlichen steuerlichen Vorteil. Kosten: ein zweistelliger Milliardenbetrag. Eine steuerliche Gleichstellung der Homo-Ehe ist aber nicht geplant, weil die CSU sich vehement dagegen stemmt. Das wiederum dürfte bei möglichen neuen Koalitionsverhandlungen nach der Wahl Ärger mit den Liberalen bedeuten. Auch sie wollen das Ehegatten-Splitting erhalten, es aber auf eingetragene Lebenspartnerschaften ausweiten. Zudem plädiert die FDP dafür, nächstes Jahr den Grundfreibetrag für Kinder auf den Wert für Erwachsene (8300 Euro) anzuheben. Kosten: ebenfalls ein zweistelliger Milliardenbetrag.

Demgegenüber will die SPD die Familienpolitik grundlegend auf den Prüfstand stellen. Das Betreuungsgeld soll wieder abgeschafft, das Ehegatten-Splitting beendet werden. Aber nur für künftige Ehen. Ehepartner würden dann individuell besteuert. Familienpolitische Erleichterungen wie der Kinderfreibetrag, von denen nach SPD-Ansicht vor allem Gutverdiener profitieren, sollen wegfallen. Das Kindergeld will die Partei umgestalten, damit vor allem alleinerziehende, berufstätige Mütter mehr bekommen als bisher. Ein weiterer Vorschlag der Genossen: Vollzeit-Jobber sollen sich durch Reduzierung der Arbeitszeit für zwei oder drei Jahre stärker auf die Kindererziehung konzentrieren können. Die Differenz zur Vollzeit-Beschäftigung soll der Staat übernehmen. Kosten alles in allem: mehrere Milliarden Euro.

Familienpolitisch wäre sich Rot-Grün damit aber längst nicht einig. Denn die Grünen verfolgen einen etwas anderen Ansatz: Sie wollen das Ehegatten-Splitting zwar stufenweise reduzieren, aber nicht komplett abschaffen. Die Entlastung soll vielmehr auf 1500 Euro pro Jahr gedeckelt werden. Überdies plant die Partei den Einstieg in eine Kinder-Grundsicherung in Höhe von 300 Euro monatlich. Kosten: ebenfalls mehrere Milliarden Euro. Die kostenlose Mitversicherung in der gesetzlichen Krankenkasse soll es demnach künftig nur für Ehepaare geben, die Kinder erziehen oder Pflegefälle begleiten.

Bleibt noch die Linkspartei. Sie will das Ehegatten-Splitting ganz abschaffen. Ferner soll es eine Kinder-Grundsicherung von 536 Euro geben, um Kinder wirksam vor Armut zu schützen. Zusätzlich eine Erhöhung des Kindergelds: für die ersten zwei Kinder auf 200 Euro, für alle weiteren Kinder entsprechend gestaffelt. Auch das dürfte teuer werden.

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