Mild im Ton, scharf in der Sache

Brüssel · Manfred Weber gehört nicht zu den Polterern in der Politik. Der 41-Jährige aus Niederbayern meidet die Konfrontation, er kann gut zuhören, analysiert sorgfältig und sucht pragmatisch Lösungen für Probleme.

Ohne viel Radau. Genau deshalb wurde er gestern zum Chef der größten Fraktion im neuen Europaparlament gewählt, der christdemokratischen EVP. Weber folgt auf den Franzosen Joseph Daul, dessen Stellvertreter er bisher war.

Dass seine europäischen Kollegen ausgerechnet einen Christsozialen als geeignet ansehen, die Interessen der unterschiedlichen Ländergruppen in der Fraktion zusammenzuführen, mag angesichts des umstrittenen Europa-Wahlkampfs seiner Partei überraschen. Doch Weber ist eben kein typischer CSUler, hat nichts von seinem Parteichef Horst Seehofer und wenig von seinem innerparteilichen Widersacher Peter Gauweiler. Der Diplom-Ingenieur zieht gerne Strippen im Hintergrund, er gleicht aus, ohne seine Schärfe in der Sache dabei aufzugeben. "Ich würde Ihnen gerne ein Thema zurufen", so pflegt er - selbst für Brüsseler Verhältnisse ungewohnt verbindlich - seine Hintergrund-Gespräche mit Journalisten einzuleiten. Dann folgen in der Regel klare Positionen: zur Flüchtlingsfrage, wo er das geltende Asylrecht verteidigt, zum Datenschutz oder zur Sanktionierung von Internet-Konzernen, denen er "nicht alles" erlauben will.

Nach dem Fachabitur diente Weber zunächst bei den Panzerjägern im schwäbischen Neuburg an der Donau. Und ehe er die politische Leiter emporstieg, gründete er mit Freunden zwei Firmen im Bereich Qualitätsmanagement und Arbeitssicherheit, in denen er auch heute noch tätig ist. Als Chef des CSU-Bezirksverbands Niederbayern ist er in der Partei-Hierarchie fest verankert. Seine Laufbahn führte ihn vom Kreistag über den Landtag schließlich 2004 ins Europäische Parlament. Dort arbeitet Weber seit Jahren als Experte für innenpolitische Fragen. In seinem neuen Amt zählt er nun zu den mächtigsten Deutschen in der EU.

Der Hobby-Gitarrist, der früher mit seiner Band bei Hochzeiten und Faschingsbällen aufspielte, ist ein Wertkonservativer im besten Sinne des Wortes geblieben. So schreibt er im Internet, der sonntägliche Gottesdienstbesuch sei für ihn "unverzichtbar". Die Bücher des emeritierten Papstes Benedikt XVI. hat er alle gelesen. Und wenn er wirklich mal entspannen will, dann wandert oder radelt er mit seiner Frau durch seine niederbayerische Heimat. Oder trifft sich mit Freunden aus der Jugendzeit. Mit Genuss zitieren Kollegen in diesen Tagen, dass Weber - anders als frühere CSU-Spitzenvertreter - weder Latein beherrscht noch Schafkopf spielen kann. Dafür redet der bekennende Fan des FC Bayern München beim Fußball nur allzu gerne mit: In seinem Kalender sind alle Spiele der deutschen Nationalmannschaft bei der Fußball-Weltmeisterschaft eingetragen. In dieser Zeit, sagen Büro-Mitarbeiter, solle man ihn "besser nicht stören".

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