Merkel in der Patsche
Meinung · Die Union ist in der aktuellen Wirtschaftskrise verunsichert und in der Defensive. Ordnungspolitiker, die die reine und freie Marktwirtschaft erhalten wollen, streiten mit den Pragmatikern, die schon mal Worte wie Staatsbeteiligung oder Enteignung in den Mund nehmen, heftig um den richtigen Kurs. Dazwischen sitzt eine Kanzlerin, die sich das Ganze zunehmend weniger amüsiert anschaut
Die Union ist in der aktuellen Wirtschaftskrise verunsichert und in der Defensive. Ordnungspolitiker, die die reine und freie Marktwirtschaft erhalten wollen, streiten mit den Pragmatikern, die schon mal Worte wie Staatsbeteiligung oder Enteignung in den Mund nehmen, heftig um den richtigen Kurs. Dazwischen sitzt eine Kanzlerin, die sich das Ganze zunehmend weniger amüsiert anschaut. Denn das Krisen-Management ihrer Bundesregierung, das ja so übel nicht ist, lässt sich schlecht verkaufen, wenn die eigenen Abgeordneten an der Basis klagen, das sei nicht mehr Ludwig Erhard, das sei doch alles sozialdemokratisch. Und wenn die FDP die Enttäuschten mit wachsendem Erfolg einlädt, in ihre einzig wahre Kirche des Marktliberalismus zu kommen.Die SPD nutzt derweil die Gunst der Stunde, auch wenn sich das noch nicht so schnell in den Meinungsumfragen niederschlägt. Doch könnte ihre Strategie mittelfristig Wirkung entfalten. Der Kapitalismus steht - zu Recht - massiv in der Kritik, und jede Forderung, ihn an die Kandare zu legen, kommt da gut an. Ebenso wie der Ansatz, dass die staatlichen Hilfen nicht nur Banken gelten dürfen, sondern auch jenen zugute kommen müssen, die unter den Folgen der Gier von Bankern leiden. Schon beim Konjunkturpaket hatte Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier deshalb ein Konzept vorgelegt, das vor allem Investitionen in Schulen und Infrastruktur sowie mehr Geld für die kleinen Leute vorsah. Jetzt vollzieht er zusammen mit Finanzminister Peer Steinbrück mit einem Papier zur Kontrolle der Finanzmärkte den nächsten Schachzug. Dabei wird klar: Man nennt die beiden zwar scherzhaft die "Stones", aber ein hingebungsvolles "Angie" singen sie nicht. Im Gegenteil, sie setzen Merkel gehörig unter Druck. Die Kanzlerin, die dem Lager der abwartenden Pragmatiker angehört, konnte der SPD im Januar beim Konjunkturpaket in letzter Minute noch die Butter vom Brot nehmen: Sie erklärte das SPD-Konzept mit einigen Änderungen flugs zum Koalitionsprogramm. Einen eigenen Entwurf hatte sie damals nicht, doch das blieb weithin unbemerkt. Auch jetzt wird Merkel nicht anders handeln können, als den Forderungen nach einer durchgreifenden Kontrolle der Finanzmärkte weitgehend entgegenzukommen. Mag das Ansinnen der SPD noch so ketzerisch sein, wie etwa die verlangte Börsen-Umsatzsteuer oder die massive Begrenzung der Managergehälter. Merkel bleibt keine Wahl: Noch mal kurz gewunken und dann auf Grund gesunken, so wird die CDU-Vorsitzende mit ihrem Parteischiff nicht untergehen wollen.