Merkel erhöht den Druck auf Flüchtlinge

Angela Merkel macht Druck. Mit ihrem Plan für schnellere Abschiebungen reagiert die Kanzlerin darauf, dass viele Bürger mit Recht nicht verstehen, warum abgelehnte Flüchtlinge das Land nicht verlassen. Neben teilweise nachvollziehbaren Hürden, echten Abschiebehindernissen wie Kriege im Herkunftsland, hat das auch etwas mit der unterschiedlichen Herangehensweise der Bundesländer an dieses Thema zu tun. Die einen handeln hart, die anderen eher sanft.

Die Zahl der freiwilligen Rückkehrer ist bereits deutlich gestiegen. Das muss mit erwähnt werden. Deshalb ist es richtig, dass Merkel Rückkehrprogramme besser ausstatten will. So schafft man Perspektiven für die Menschen in ihren Heimatländern und sorgt für weniger Migrationsdruck. Freiwilligkeit vor Zwang, dieser Grundsatz muss bleiben. Aber es wird eben auch Zwang geben müssen - mehr als bisher.

Offensichtlich hat die Kanzlerin aber zunächst einmal lernen müssen, dass zwischen Theorie und Praxis ein großer Unterschied besteht. In der Theorie ist es leicht zu sagen, wer nicht bleiben darf, der muss gehen, die Umsetzung ist aufgrund der föderalen Strukturen weitaus schwieriger. Von den menschlichen Schicksalen mal ganz abgesehen. Merkel steht in dieser Frage politisch extrem unter Zugzwang: Durch den verständnislosen Bürger, dann von rechts durch die AfD, schließlich seitens ihrer konservativen Kritiker in den eigenen Reihen - und sicherlich zwingt auch der Höhenflug von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz Merkel dazu, innenpolitisch mehr klare Kante zu zeigen. Die Kanzlerin weiß nur zu genau, dass der Erfolg ihrer Flüchtlingspolitik nicht nur an der Integration der Zuwanderer, sondern eben auch an den Rückführungen jener gemessen wird, für die es keine Bleibeperspektive gibt. Insbesondere sind das die Menschen, die aus wirtschaftlichen Gründen ihr Land verlassen und deswegen keinen Asylanspruch haben. Deren Zahl wird laut Merkel-Papier steigen. Durch den Abschiebegipfel will die Kanzlerin das Heft in der Flüchtlingspolitik wieder in der Hand nehmen. Mit Hilfe der Länder. Ohne die geht es nicht.

Konkret sind einige Punkte in den Plan aufgenommen worden, die Innenminister de Maizière und Justizminister Maas schon vereinbart hatten - wie die Verlängerung des Ausreisegewahrsams und die "Gefährder"-Haft. Abschiebungen künftig zentraler zu koordinieren, ist ein absolut richtiger Ansatz, um der Herausforderung besser Herr zu werden. Knackpunkt der heutigen Verhandlungen werden aber vor allem die "Bundesausreisezentren" sein. Die Länder wären freilich klug beraten, da mitzumachen. Erstens übernimmt der Bund dann für sie die heikelste aller Aufgaben, zweitens dürfte dies ein großer Schritt sein, um das föderale Hickhack bei den Rückführungen zu beenden. Und das ist nötig, wie der Fall des Berliner Attentäters Amri gezeigt hat.

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