Mehdorns riskante Bahn-Fahrt

Meinung · Jetzt wird es ernst: Die Bahn geht Ende Oktober an die Börse und vollzieht so die politisch und unternehmerisch gewollte Teilprivatisierung. Angesichts der schweren Turbulenzen an den Finanzmärkten ist das durchaus ein Risiko. Aber Hartmut Mehdorn wäre nicht Hartmut Mehdorn, würde er darauf Rücksicht nehmen

Jetzt wird es ernst: Die Bahn geht Ende Oktober an die Börse und vollzieht so die politisch und unternehmerisch gewollte Teilprivatisierung. Angesichts der schweren Turbulenzen an den Finanzmärkten ist das durchaus ein Risiko. Aber Hartmut Mehdorn wäre nicht Hartmut Mehdorn, würde er darauf Rücksicht nehmen. Von außen lässt sich der Bahnchef weder hineinreden noch etwas diktieren, nicht von der Politik - und (noch) nicht von den Kapitalmärkten. Einsichtig wird der Manager meist erst dann, wenn das Kind schon lange in den Brunnen gefallen ist - erinnert sei an den absurden Plan eines Bedienzuschlags am Schalter.Dass der Bahn ein ähnliches Schicksal wie einst der Deutschen Telekom widerfahren wird, lässt sich nicht vorhersagen. Eine Volksaktie soll das Papier ohnehin nicht werden. Wahr ist: Das Marktumfeld ist schlecht, interessierte Anleger werden erst einmal den Kursverlauf der Aktie abwarten. Wohlweißlich rechnet die Bundesregierung also mit deutlich geringeren Einnahmen: Hatte Bundesverkehrsminister Tiefensee einst von einem Emissionserlös von bis zu acht Milliarden Euro getönt, so wird intern nur noch mit vier Milliarden Euro kalkuliert. Erlöse, die auch dem Staatshaushalt und der Schienen-Infrastruktur in Form eines Investitionsprogramms des Verkehrsministeriums zugute kommen sollen. Neben Mehdorn, der frisches Geld für Investitionen braucht, hat insofern auch Tiefensee ein großes Interesse daran, dass der Börsengang zügig vollzogen wird. Er braucht die Mittel dringend, denn sein Haushalt ist löchrig wie ein Schweizer Käse, weil die Länder die Erhöhung der Lkw-Maut zum kommenden Jahr blockieren.Der Bürger wird sich noch verdutzt die Augen reiben angesichts des Spektakels, das nun rund um den Börsengang betrieben werden wird. Dabei muss der Konzern gehörig aufpassen, dass er sich nicht weiter vom Fahrgast abkoppelt. Die Gefahr besteht, dass die Bahn eines Tages mehr auf das Kommando ihrer Großinvestoren hört als auf die Wünsche ihrer Reisenden. Das gilt gerade für den teuren Nahverkehr. Dem Fahrgast der Bahn wird es weiterhin darum gehen, dass er sicher, bequem und vor allem pünktlicher als bisher von A nach B gebracht wird. Die Investoren dagegen wollen Rendite sehen, und die ist kaum zu erzielen, wenn man sich nur an den Kundenwünschen orientiert.Die spannende Frage ist, wie der Konzern nach dem Börsengang versuchen wird, solch gegensätzliche Interessen zu vereinbaren. Wenn er dies überhaupt will. Bei Hartmut Mehdorn muss man ja durchaus seine Zweifel haben.

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