Medwedew ist nur noch Mann fürs Unangenehme

Moskau. Am Montag noch Präsident, nun bereits Premier. 66 Prozent des russischen Parlaments haben gestern Dmitri Medwedew als Regierungschef bestätigt. Die Fraktionen von "Gerechtes Russland" und der Kommunistischen Partei stimmten geschlossen dagegen

Moskau. Am Montag noch Präsident, nun bereits Premier. 66 Prozent des russischen Parlaments haben gestern Dmitri Medwedew als Regierungschef bestätigt. Die Fraktionen von "Gerechtes Russland" und der Kommunistischen Partei stimmten geschlossen dagegen. Die 299 Stimmen der Kreml-Partei "Einiges Russland" und der "Liberaldemokratischen Partei" des Ultranationalisten Wladimir Schirinowski reichten aber für den Präsidenten-Premier-Tausch. Nötig waren 226 Stimmen.Damit ist die im vergangenen September inszenierte Machtrochade perfekt - und das vermeintliche Macht-Tandem ist Geschichte. Medwedew dürfte endgültig verblassen. Seine Machtposition als Premier ist schon qua Verfassung schwächer. Ihr Ausbau zu Zeiten Wladimir Putins auf diesem Posten wird nun nach und nach rückgängig gemacht. Medwedew steht zudem vor unangenehmen Reformen, mit denen seine Unbeliebtheit im Volk größer zu werden droht.

Fünf Minuten reichten Putin gestern, der Duma die Vorzüge seines Ziehsohnes zu offenbaren. Der 46-Jährige sei ein erfahrener Politiker, der die Wahrheit und Gerechtigkeit zu schützen wisse, er sei es auch, der die Antikorruptionsgesetze auf den Weg gebracht habe (die im Übrigen nicht greifen, aber davon sprach Putin nicht), der die Gesellschaft für die Modernisierung motiviert und die Registrierung kleinerer Parteien erleichtert habe (aber nur auf dem Papier, auch davon kein Wort aus dem Präsidentenmund). Die Entscheidung, dass Medwedew nun den Posten des Premiers übernehme, sei vor langer Zeit, "ganz transparent", getroffen worden, sagte Putin.

Müde wirkte der Anwärter, während er sein Programm für die nächsten Jahre von der Liste ablas. Es ist die Reihe von Dekreten, die Putin bereits nach seiner Amtseinführung am Montag unterzeichnete: Das Durchschnittsalter der Bevölkerung soll steigen, das Bildungsniveau auch, Wohnraum soll zugänglich sein, Renten und Löhne erhöht und die Infrastruktur ausgebaut werden. In Medwedews Verantwortung liegen nun vor allem solche Aufgaben, bei denen Putin froh sein wird, sie an Medwedew delegieren zu können: Soziales und Wirtschaftspolitik. Medwedew wird zum Mann fürs Unangenehme. Allerdings verliert er den Zugriff auf die Ministerien, die er als Präsident zu reformieren versuchte, vor allem auf das Justizwesen und die Innenpolitik. Traditionell kümmert sich der Präsident darum. Doch die Gesetzeslage ist mehrdeutig, vieles interpretierbar. Deshalb war es möglich, Putins Zuständigkeiten hier als Premier auszuweiten. Er agierte so auch als Vorsitzender der Kabinettsitzungen. Das darf aber - laut Gesetz - auch der Präsident tun. Übernimmt Putin diese Aufgabe nun, dürfte das eine weitere Schmach für Medwedew sein.

Dass Medwedew keine gute Figur auf seinem neuen Posten macht, zeigte sich gestern bereits einige Minuten nach seiner "Wahl" in der Duma. Er bedankte sich brav und überließ die großen Worte Putin, der alle Kritiker im Befehlston in ihre Schranken wies. Eigentlich wäre das Eingehen auf die Fragen der Parlamentarier die Aufgabe des neuen Premiers gewesen. Foto:dpa

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