Macron setzt Maßstäbe

Es geht um 50 Milliarden Euro . So viel fordert Emmanuel Macron an Investitionen aus Deutschland , um das europäische Wachstum anzukurbeln. Dem smarten französischen Wirtschaftsminister geht es natürlich in erster Linie um die Konjunktur im eigenen Land, auch wenn er viel von Europa spricht beim Vierertreffen der deutschen und französischen Wirtschafts- und Finanzminister in Berlin.

Zugleich hat der 36-jährige Sozialist aber einen Maßstab gesetzt, der bisher fehlte.

Denn Macrons Forderung ist kein pauschaler Ruf nach Investitionen zur Stärkung der Wirtschaft, wie Präsident François Hollande sie gerne fordert. Nein, es geht ganz konkret um diese Summe: 50 Milliarden Euro . Das ist genauso viel, wie die französische Regierung bis 2017 sparen will. Von einem "guten Gleichgewicht" spricht der forsche Minister deshalb.

Auch wenn aus der CDU Kritik an der Unverfrorenheit des französischen Polit-Neulings laut wird - die Bundesregierung weiß natürlich, dass sich Deutschland der Forderung nach Investitionen auf Dauer nicht entziehen kann. Denn es ist nicht Macron allein, der sie erhebt. Der Internationale Währungsfonds stößt in dasselbe Horn. Und die angesehene OECD spricht von einer deutschen Investitionslücke, die bei drei Prozent des Brutto-Inlandsprodukts liegt. Das wiederum entspräche ungefähr den 50 Milliarden Euro Macrons, hat sein Kollege Sigmar Gabriel (SPD ) errechnet.

Ob dieses Geld nun eher aus öffentlichen Kassen oder aus privaten Budgets kommen soll, darüber sind sich die Minister gestern nicht einig geworden. Nicht nur der strenge Haushaltswächter Wolfgang Schäuble (CDU ), sondern auch Gabriel pocht darauf, private Investitionen in Unternehmen zu stärken. Die französischen Sozialisten setzen dagegen traditionell auf die öffentliche Hand - auch wenn die zu Hause tief rote Zahlen schreibt. Deutschland könnte ja vielleicht aushelfen, ohne dass es den Haushalt zu sehr belaste, fordert Macron. Doch es sieht nicht so aus, als würde er damit durchkommen - ein schuldenfinanziertes Konjunkturprogramm lehnt die Bundesregierung ab.

Der deutsch-französische Dauerstreitpunkt wird nun erst einmal an eine Arbeitsgruppe weitergereicht, die bis Dezember Vorschläge erarbeiten soll. Viel Zeit hat Frankreich allerdings nicht, um den Negativtrend in der Wirtschaft umzukehren. Schon zu lange steigt die Zahl der Arbeitslosen jeden Monat weiter an. Und die Schwäche des Nachbarn zieht auch Deutschland nach unten. Aber es ist nicht allein das wirtschaftliche Motiv, das Berlin antreiben sollte. Denn falls Macron & Co. scheitern, werden nur die Populisten des Front National triumphieren. Und das will keiner - weder in Paris noch in Berlin.

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