Land ohne Perspektive

Israels letzter Gründervater nimmt Abschied von seinem Dienst für das Volk. Heute wird sein Nachfolger gewählt, am 27.

Juli überlässt Schimon Peres dann der zweiten Generation das Feld - aber nicht ganz so, wie er hoffte. An den Grenzen zu Ägypten und Jordanien wird es auf absehbare Zeit zwar keinen Krieg geben, dafür bleibt das Kernproblem für eine Befriedung der Region offen: Die Teilung des Landes in einen jüdischen Staat Israel und einen arabischen Staat für die Palästinenser, wie die UN-Versammlung es 1947 beschloss. Sieben Jahrzehnte, in denen Peres das Schicksal seiner Nation mitgestaltete, reichten dem Friedensnobelpreisträger nicht für eine Lösung. Seine Erben sind noch weniger in der Lage dazu, die schwere Aufgabe zu erfüllen.

120 Parlamentarier sitzen in der Knesset. Kein einziger ist ein Hoffnungsträger. Den Politikern mangelt es an Charisma und Überzeugungskraft, an Mut und vor allem an einer Vision. Seit gut fünf Jahren regiert Benjamin Netanjahu zum zweiten Mal Israel. Sein erklärtes Ziel der zwei Staaten für zwei Völker steht im Widerspruch zu dem, was er tut. Die Besiedlung des Landes, in dem Palästina entstehen soll, macht ihn unglaubwürdig. Er weiß wohl selbst nicht, was er will, kommentieren die Analysten ratlos.

Je länger der Frieden auf sich warten lässt, desto mächtiger werden die Verfechter der alten Idee von Groß-Israel. Auch mit zwei Staaten werde Israel nie Frieden haben, sagen sie, wozu dann Kompromisse machen. Niemand kann garantieren, dass die Gründung Palästinas den neuen Nahen Osten macht, den Peres seit Jahrzehnten visioniert. Ganz sicher ist aber, dass es für Israel keinen Frieden geben wird ohne Palästina.

Das Scheitern der jüngsten Friedensverhandlungen kann die Regierung zu Fall bringen. Noch spielen die Kräfte im Land eine Rolle, die den jüdischen und demokratischen Staat Israel zu retten versuchen. Die Einstaatenlösung für beide Völker bringt zwingend das Ende des einen oder des anderen Elements mit sich. Die nächsten Wahlen werden die beiden Lager mit schärferen Konturen zeichnen. Auf halbherzige Parolen, mit denen die neue Zukunftspartei vor gut einem Jahr auch auf Kosten von Netanjahus Likud große Erfolge feierte, wird sich der Wähler nicht noch einmal einlassen.

Doch selbst wenn die moderateren Politiker Netanjahu irgendwann ablösen, bleiben Israels Perspektiven düster. Denn auch in den Reihen der Opposition sitzen eher blasse Gesichter. Auch dort gibt es keinen Menachem Begin, der sich den Teufel um Mehrheiten scherte, bevor er sein Volk zum Frieden mit Ägypten zwang. Es gibt keinen Izchak Rabin, der sterben musste, weil er zu Kompromissen bereit war. Und es gibt keinen zweiten Schimon Peres.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort