Länger arbeiten kann für viele attraktiv sein

Berlin · Kurz vor Ostern hat sich Bundespräsident Joachim Gauck ziemlich klar und deutlich für mehr Erwerbstätigkeit jenseits der "Altersgrenze" von zurzeit 65 Jahren und drei Monaten ausgesprochen. "In Deutschland ist die gesetzliche Rente bislang ausgerichtet, ein Ende zu definieren, keinen Übergang.

In anderen Län dern gibt es durchaus offenere Konzepte", sagte Gauck. Zwar gehe es einerseits darum, Menschen vor Überforderung zu schützen. Andererseits müsse man "jenen, die es wollen, Möglichkeiten eröffnen, sich einzubringen".

Erst einmal ist festzuhalten: Häufig wird immer noch übersehen, wie attraktiv eine Beschäftigung als Rentner sein kann. Sofern Erwerbstätige jenseits der Altersgrenze bereits Rente beziehen, müssen sie keine Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge zahlen, haben also einen höheren Nettoverdienst. Hinzuverdienstgrenzen betreffen sie nicht, weil diese nur vor der Regelaltersgrenze gelten. Beschäftigte, die lieber die Möglichkeit nutzen, den Renteneintritt hinauszuschieben und weiter in die Rentenversicherung einzuzahlen, erwerben damit zusätzliche Ansprüche: Sie bekommen für jeden Monat, um den sie ihren Rentenbeginn aufschieben und weiter einzahlen, später eine um 0,5 Prozentpunkte höhere Monatsrente. Beispielsweise nach zwei Jahren also zwölf Prozent mehr Rente, und das dauerhaft!

Viele Arbeitgeber wollen allerdings für Arbeitnehmer jenseits der Regelaltersgrenze kein Dauerarbeitsverhältnis begründen, weil mit zunehmendem Alter die Arbeitskraft unbestreitbar irgendwann deutlich nachlässt. Altersbedingt abnehmende Leistungen können aber nur in wenigen Situationen ein Grund für eine Kündigung sein; abgesehen von den Schwierigkeiten, eine mögliche Kündigung dann auch tatsächlich durchzuboxen. Arbeitgeber haben also ein nachvollziehbares Interesse daran, derartige Beschäftigungsverhältnisse zu befristen.

Um Arbeitgebern die Entscheidung für eine Beschäftigung Älterer zu erleichtern, wurde 2014 die Möglichkeit geschaffen, die Weiterarbeit auf einfache Weise zu vereinbaren. Diese Regelung hilft allerdings nur, wenn Beschäftigte bei ihrem vorherigen Arbeitgeber weiterarbeiten. Was aber gilt für Rentner , die vorzeitig ausscheiden und später doch weiterarbeiten wollen? Was ist mit denen, die bei einem anderen Arbeitgeber nicht nur Geld, sondern auch neue Erfahrungen sammeln wollen? Oder jenen, die nach einem Jahr verdienten Ruhestandes von ihrem alten Arbeitgeber gefragt werden, ob sie vielleicht doch noch einmal aushelfen wollen?

Wie also ließe sich mehr Erwerbstätigkeit von Rentnern erreichen? Die Antwort findet sich nicht im Sozial-, sondern im Arbeitsrecht . Wir schlagen eine ausdrückliche allgemeine Regelung im Befristungsrecht vor, wonach Personen mit Anspruch auf unbefristete Rente - ohne Sachgrund und unabhängig von einer vorherigen Beschäftigung beim gleichen Arbeitgeber - befristet eingestellt werden können. Es sollte dabei keine Obergrenze für Dauer und Zahl der Befristungen geben, was bei Rentnern anders als bei sonstigen Beschäftigten gerechtfertigt werden kann. Eine solche Regelung schafft für die Arbeitsvertragsparteien Verlässlichkeit. Politik und Tarifparteien sollten anfangen, über diese Details zu reden, und dann Verbesserungen umsetzen. Die Autoren sind Vorstandsmitglieder des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin ). Cornelius Richter ist Fachanwalt für Arbeitsrecht . Professor Gert G. Wagner leitet den Sozialbeirat der Bundesregierung.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort