Kurt Beck und die Zwickmühle

Meinung · Es wird Zeit, beim Dauer-Thema Nürburgring nach aller (berechtigten) Aufregung zur Sache zurückzukehren. Der angerichtete Flurschaden in der Eifel ist zu groß, als dass sich die Politik leisten könnte, ihre Energie auf anhaltendes Gezänk zu verschwenden.Dazu gehört die Erkenntnis, dass das Ring-Projekt im Ursprung weder ein Ergebnis Beck'scher Großmannssucht noch eines Alleingangs der SPD war

Es wird Zeit, beim Dauer-Thema Nürburgring nach aller (berechtigten) Aufregung zur Sache zurückzukehren. Der angerichtete Flurschaden in der Eifel ist zu groß, als dass sich die Politik leisten könnte, ihre Energie auf anhaltendes Gezänk zu verschwenden.Dazu gehört die Erkenntnis, dass das Ring-Projekt im Ursprung weder ein Ergebnis Beck'scher Großmannssucht noch eines Alleingangs der SPD war. Es war ein - grausam misslungener - Versuch, eine strukturschwache Region aufzupäppeln, der zumindest in seinen Anfängen von (fast) allen Seiten mit Sympathie begleitet wurde. Das ist kein Argument gegen sachliche Kritik, aber diese Einsicht sollte sich wenigstens in der Tonart der aktuellen Diskussionen niederschlagen.

Doch auch für das, was gut gemeint war, gibt es so etwas wie politische Verantwortung, wenn es in die Hose geht. Und die liegt fraglos bei den Sozialdemokraten in der Landesregierung - und damit bei ihrem unumstrittenen Chef. Viel zu lange hat Ministerpräsident Kurt Beck beschönigt, abgewimmelt, kleingeredet, was längst nicht mehr zu leugnen war. Aus wahltaktischem Kalkül? Mag sein, aber vielleicht eher, weil er Angst vor der Erkenntnis hatte, dass seine lange, erfolgreiche Amtszeit im Strudel des Debakels unterzugehen droht.

Spät, sehr spät hat er nun zunächst in einem Interview und gestern vor dem Landtag in Mainz so etwas wie ernsthafte Selbstkritik und ehrliches Bedauern erkennen lassen. Das ist der richtige Ansatz, wenn er das Heft des Handelns noch einmal zurückgewinnen will.

Es wird nicht einfach, denn Beck hat sich in eine Zwickmühle manövriert. Hätte er letzte Woche das Handtuch geworfen, hätten die Gleichen, die nun seinen Rücktritt fordern, ihn des feigen Davonlaufens geziehen. Er kann im Moment nur verlieren. Es sei denn, er gäbe sich den Ruck, offen zu sagen, worauf eh alles hinausläuft: Ja, ich bleibe und halte den Kopf hin, bis die ärgsten Trümmer am Ring weggeräumt sind, und dann ziehe ich die Konsequenz und mache Platz für einen Neuanfang. So wäre es immerhin seine Entscheidung und nicht die Flucht vor einer Demontage, die aller Wahrscheinlichkeit nach noch Monate so weitergeht - denn am Ring liegen noch viele Tretminen.

Die Drecksarbeit machen, um einer potenziellen Nachfolgerin (die potenziellen Nachfolger hängen viel zu tief drin im Schlamassel) die Belastung Nürburgring zu ersparen: Es wäre ein letzter Liebesdienst Becks gegenüber seiner Partei. Ob das Kalkül aufginge, ist offen. Aber das gilt auch für die Strategie der CDU, auf die Regierung einzuknüppeln, ohne echte Alternativen aufzuzeigen. Ob die Rheinland-Pfälzer es mögen, wenn die Christdemokraten mit Kurt Beck Haut-den-Lukas spielen, ist längst nicht ausgemacht.

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