Kleine Eiszeit zwischen Moskau und Paris

Paris · "Ist es nützlich? Ist es notwendig?" So räsonierte François Hollande am Montagabend im Fernsehen über die Möglichkeit, Wladimir Putin in Paris zu empfangen. Die Antwort gab ihm der russische Präsident wenige Stunden später selbst: Er verschob seinen für nächste Woche angesetzten Frankreich-Besuch. Dabei war eigentlich schon seit einem Jahr geplant, dass Hollande und Putin gemeinsam die russisch-orthodoxe Kathedrale samt Kulturzentrum an der Seine einweihen. Doch genau solche Bilder, die den Kremlchef nur aufgewertet hätten, wollte der Elysée nun vermeiden.

Das Präsidententreffen sollte deshalb zur Arbeitssitzung werden: "Ich habe diesen Besuch nur dazu verstanden, über Syrien zu reden", sagte Hollande gestern im Europarat . Das wiederum passt Putin nicht, denn bei diesem Thema ist Frankreich zum diplomatischen Hauptgegner geworden. Vorige Woche brachte Paris eine Resolution im UN-Sicherheitsrat ein, die das Ende der russischen und syrischen Luftangriffe auf die Stadt Aleppo fordert. Ein Text, gegen den Russland sein Veto einlegte. Nun überlegt Hollande öffentlich, ob Russland wegen Kriegsverbrechen zur Rechenschaft gezogen werden soll. Diejenigen, die Kriegsverbrechen gegen die syrische Bevölkerung verübten, müssten sich dafür verantworten - "bis hin zum Internationalen Strafgerichtshof", drohte er.

Diese Idee kann zwar nicht umgesetzt werden, weil Moskau das Tribunal überhaupt nicht anerkennt. Doch schon die Erwähnung eines solchen Szenarios ist erniedrigend für Putin, der sich doch eigentlich nächste Woche bei der Einweihung der neuen Gebäude am schicken Quai Branly feiern lassen wollte. Nun fällt die Feier aus. Und der raue Ton, der damit einhergeht, erinnert an die Zeiten des Kalten Krieges. "Zwischen Russland und dem Westen waren die Beziehungen seit dem Fall der Mauer nicht mehr so schwierig", schreibt die Zeitung "Le Monde ".

Dabei blieb Frankreich, das 2013 noch bereit war, die Truppen des syrischen Machthabers und Putin-Verbündeten Baschar al Assad anzugreifen, in der Syrien-Krise zuletzt eher Zuschauer. Erst vorige Woche übernahm der blasse Außenminister Jean-Marc Ayrault die Initiative und warb in einer Pendelmission zwischen Moskau und Washington für eine eigene UN-Resolution. "Ein Land, das gegen diese Resolution sein Veto einlegt, wäre in den Augen der Welt diskreditiert. Es wäre für die Fortsetzung der Ausschreitungen verantwortlich", warnte Hollande vor der Abstimmung im Sicherheitsrat. Vergeblich.

Während in Sachen Syrien kein Dialog zwischen ihm und Putin mehr möglich scheint, taugt der russische Staatschef im Ukraine-Konflikt weiter als Gesprächspartner. Er sei jederzeit bereit zu einer weiteren Konferenz mit Putin, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Präsident Petro Poroschenko , versicherte Hollande gestern. Ein solches Vierertreffen zur Beendigung des Ukraine-Konflikts hatte zum ersten Mal 2014, am Rande der Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag der Landung der Alliierten in der Normandie, stattgefunden. Für nächste Woche soll eine neue Runde in Berlin geplant sein. Dass sie im derzeitigen Kontext auch wirklich stattfindet, ist allerdings zweifelhaft.

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