Klamauk statt Themen in Österreichs Wahlkampf

Wien · Eine Woche nach Deutschland wählt Österreich am 29. September sein neues Bundesparlament, den Nationalrat.

Zu Beginn der heißen Wahlkampfphase scheint das Rennen im Nachbarland bereits gelaufen. Sicher auf Platz eins sehen Umfragen den sozialdemokratischen Bundeskanzler Werner Faymann mit seiner SPÖ, gefolgt vom konservativen Koalitionspartner ÖVP mit seinem uncharismatischen Spitzenkandidaten, Außenminister Michael Spindelegger.

Für Aufregung im Wahlkampf sorgen der 80-jährige Milliardär und Polit-Newcomer Frank Stronach ("Team Stronach") und die rechte FPÖ mit Heinz-Christian Strache - allerdings mehr mit Klamauk. Der FPÖ werden bis zu 20 Prozent prognostiziert, Stronach kommt nach den Grünen (rund 15 Prozent) laut Umfragen sicher über die Fünf-Prozent-Hürde.

Das bestimmende Wahlkampfthema hat Österreich auch fünf Wochen vor der Abstimmung nicht gefunden. Die SPÖ setzt auf Wohnen, Arbeit, Renten und eine Bildungsreform. Auf Plakaten verspricht Faymann, das Land weiter mit "sicherer Hand" durch "stürmische Zeiten" zu lenken.

Für die ÖVP ist es noch schwieriger, eine Wahlkampflinie zu finden: Der Spitzenkandidat ist nicht besonders volksnah, Angriffe auf die SPÖ als aktuellem und wohl auch zukünftigen Koalitionspartner sind heikel.

"Österreich ist abgesandelt", also abgewirtschaftet, mit dieser Aussage versuchte der Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl das ÖVP-Kernthema Wirtschaft vergangene Woche hochzuziehen. Damit trat er vor dem Hintergrund jüngster Firmenpleiten wie bei Schlecker-Nachfolger Dayli oder dem Baukonzern Alpine eine Standortdebatte mit fragwürdigem Effekt los. Immerhin ist die ÖVP als Regierungspartei seit Jahren für das Wirtschafts- wie Finanzministerium verantwortlich. In der Arbeitszeit-Debatte beschimpfte ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner Faymann als "Lügenkanzler". Für Beobachter und Experten sind die Streitereien reine Schaukämpfe, die von fehlenden Antworten in schwierigen Zeiten ablenken sollen.

Die Grünen setzen neben Umwelt voll auf das Thema Korruption. Trotz laufender Prozesse und Ermittlungen gegen Mitglieder fast aller anderen Parteien ist es um die Skandale vom Eurofighter-Kauf bis zur Telekom-Affäre aber eher ruhig geworden.

Das Duell um die Protestwähler fechten die rechte FPÖ mit ihrem Chef Heinz-Christian Strache und Politnewcomer Stronach aus - und zwar mit vollem Körpereinsatz. Nachdem sich der 80-jährige Milliardär "oben ohne" für eine Zeitung ablichten ließ, legte Strache nach: Auf Facebook postete er seinen - in der Jugend mit vermuteten Wehrsportübungen - gestählten Body in Badehose als Antwort.

Bereits bei vergangenen Landtagswahlen hatte der Milliardär und Magna-Gründer Stronach mit seinem Anti-EU- und Werte-Populismus den traditionell in Österreich starken Rechten Konkurrenz gemacht. Diese passen sich nun an und geben sich freundlicher - allerdings mit den selben Botschaften: Zierten früher noch Sprüche wie "Daham (Daheim) statt Islam" oder "Mehr Mut für unser Wiener Blut" die Wahlplakate, heißt es 2013 fett "Liebe deine Nächsten", mit dem Nachsatz "für mich sind das unsere Österreicher". Die Kirchen haben sich bereits beschwert.

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