Kirchen-Rebell scheitert vor staatlichen Richtern

Mannheim. Das deutsche Kirchensteuer-System schien kurz zu wanken - doch es fiel nicht. Dementsprechend erleichtert reagierte die katholische Kirche auf das Urteil des Mannheimer Verwaltungsgerichtshofs. Die Richter stellten gestern klar, dass es aus staatlicher Sicht keinen teilweisen Kirchenaustritt geben kann. Damit scheiterte die Klage des Freiburger Theologen Hartmut Zapp

Mannheim. Das deutsche Kirchensteuer-System schien kurz zu wanken - doch es fiel nicht. Dementsprechend erleichtert reagierte die katholische Kirche auf das Urteil des Mannheimer Verwaltungsgerichtshofs. Die Richter stellten gestern klar, dass es aus staatlicher Sicht keinen teilweisen Kirchenaustritt geben kann. Damit scheiterte die Klage des Freiburger Theologen Hartmut Zapp. Der trat 2007 aus der Kirche als öffentlich-rechtlicher Körperschaft aus und zahlte seither keine Kirchensteuer mehr - dennoch will er weiter als Mitglied der katholischen Glaubensgemeinschaft gelten. In erster Instanz hatte er noch Recht bekommen, doch nun lässt das höchste baden-württembergische Verwaltungsgericht keine Revision gegen das Urteil zu. Vor der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit ist der Fall Zapp damit wohl beendet. Dennoch will der emeritierte Kirchenrechtler nicht aufgeben. Er kündigte an, die zugrunde liegenden Fragen nun von einem Kirchengericht im Vatikan klären zu lassen. Was nach juristischem Geplänkel und Haarspalterei klingt, berührt tatsächlich das grundsätzliche Verhältnis von Staat und Kirche in Deutschland: Ist es zulässig, dass der Staat für die Kirche eine Austrittserklärung entgegennimmt? Und kann die Kirchenmitgliedschaft mit dem staatlich organisierten Steuereinzug verbunden werden? Immerhin finanzieren sich die beiden großen Kirchen zu einem großen Teil aus diesen Steuern. Was wäre, wenn Zapps Beispiel eines "Kirchensteuer-Austritts" Schule machen würde? Im Erzbistum Freiburg, wo Zapp den Streit anzettelte, glaubt man nicht an eine Nachahmer-Welle. Dennoch begrüßte die Kirche das Urteil als wichtigen Schritt zu mehr Rechtsklarheit und Steuergerechtigkeit. Kein Katholik könne sich nun durch einen teilweisen Austritt vor der solidarischen Kirchenfinanzierung drücken. Die Mannheimer Richter indes hielten ausdrücklich fest, dass sie die Frage Kirchenmitgliedschaft ohne Steuerpflicht weder entscheiden könnten noch wollten. Dies obliege der Kirche selbst - auf Basis des Kirchenrechts. Insofern erklärten die Richter zwar die Aufspaltung eines Kirchenaustritts in staatliche und religiöse Folgewirkungen für unzulässig. Die Frage, ob das Entrichten der Steuer unverzichtbar für eine Kirchenmitgliedschaft ist, bleibt davon aber unberührt. Zapp selbst betont immer wieder, es gehe ihm eigentlich nicht ums Geld, sondern um die Frage: Was bedeutet der vor dem Standesamt erklärte Kirchenaustritt in religiöser Hinsicht? Hier gilt bislang, was die deutschen Bischöfe zuletzt 2006 in einer Erklärung festhielten. Demnach wird derjenige, der austritt, automatisch exkommuniziert. Damit ist er nicht mehr zu den Sakramenten zugelassen, kann also beispielsweise nicht kirchlich heiraten oder beerdigt werden. Genau da jedoch widerspricht Zapp und verweist auf höchstinstanzliche Auslegungen des Kirchenrechts durch den Vatikan. Der Päpstliche Rat zur Auslegung der Gesetzestexte habe 2006 klargestellt, so Zapp, dass der Verwaltungsakt des Austritts nichts über die innere Abkehr von der Kirche aussage. Ein echtes "Abfallen von der Kirche" liege nur vor, wenn eine frei getroffene Entscheidung dem Ortspfarrer oder Bischof mitgeteilt werde. Dass diese Vorgaben aus Rom eigentlich auf das kirchliche Eherecht abzielen und mit dem deutschen Kirchensteuer-Modell nichts zu tun haben, stört Zapp nicht. Er glaubt, dass die von Papst Benedikt XVI. abgesegneten Anweisungen sehr wohl auch den deutschen Sonderweg des Kirchenaustritts im Blick hatten. Wenn Zapp also tatsächlich nach Rom geht, dürfte es deshalb wieder spannend werden.

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