Kein Zutritt für Pokerspieler
Meinung · Es war eine atemberaubende Woche. Mit viel Taktiererei und gegenseitigen Angriffen, mit einer politischen Kaste, die sich wegen Formulierungsfragen peinlich entblößt hat, um am Ende im Bundestag eine leidenschaftliche Debatte von enormer Qualität zu führen
Es war eine atemberaubende Woche. Mit viel Taktiererei und gegenseitigen Angriffen, mit einer politischen Kaste, die sich wegen Formulierungsfragen peinlich entblößt hat, um am Ende im Bundestag eine leidenschaftliche Debatte von enormer Qualität zu führen. Das historische Gesetz über die Milliarden-Nothilfe für die Griechen, mit dem die Stabilität der Eurozone und der EU insgesamt gewährleistet wird, ist verabschiedet. Nun könnte man zurückblicken und kritisch fragen, ob es Deutschland billiger gekommen wäre, wenn sich die von der Bild-Zeitung getriebene Kanzlerin nicht gegen eine frühzeitige Rettungsaktion gesträubt hätte. Oder weshalb Rot-Grün vor zehn Jahren vor der griechischen Tragödie die Augen verschlossen hat. Aber geschenkt. Was nun wichtig ist, ist die Frage nach den Lehren aus dieser für ganz Europa dramatischen Krise. Die Ausgangslage ist dabei bizarr: Vor gut eineinhalb Jahren haben die Steuerzahler mit Milliarden die Banken gerettet. Jeder hoffte, dass die Finanzbranche aus dem Debakel gelernt hat. Und die Politik hatte getönt, sie werde die Hasardeure an die Kette legen und die Märkte strenger regulieren. Das Ergebnis dieser Prahlerei ist angesichts des Athener Fiaskos ernüchternd. Der eigentliche Skandal ist deshalb, dass die Politik jetzt wehleidig beklagt, gegenüber den Märkten das Sagen verloren zu haben. Daran trägt sie selbst die größte Schuld. Denn den schwulstigen Worten sind seit der Finanz- und Wirtschaftskrise kaum Taten gefolgt. Nicht die Pokerspieler haben bezahlt, sondern Arbeitnehmer, Mittelständler, Rentner, Familien. Sie werden nun auch wieder für Griechenland ins Risiko genommen. Und wer weiß, für wen und was später noch. Deshalb: Jetzt müssen Investmentbanken und Hedgefonds an die Kandare genommen und Leerverkäufe verboten werden, nachdem sie von der Koalition nach der Wahl wieder erlaubt wurden. Jetzt müssen die Banken herangezogen werden, wie der IWF es schon länger vorschlägt. Wichtig ist dabei nicht, welche Maßnahme das im Einzelnen leistet. Wichtig ist, dass Geld in die Kasse kommt und den Spekulanten ihr Geschäft versalzen wird. Merkels Regierung wird sich daran messen lassen müssen. Obendrein: Es sind die Euroländer selbst, die über ihre Verhältnisse gelebt und mit ihrer Verschuldungspolitik den Spekulanten jene Schwachstellen geboten haben, die diese profitabel nutzen. Auch Deutschland. Für die Stabilität der Euro-Zone ist somit auch die Rückkehr zu einer soliden Finanzpolitik nötig. Der Bürger will keinen Schuldenstaat. Ob die Bundesregierung dies angesichts ihrer Steuerpläne begriffen hat?