Kein strahlendes Ergebnis

Meinung · Die ersten Ergebnisse des Stresstests für Atommeiler bestätigen die Befürchtungen: Es gibt massive Defizite. Dabei darf dem Bürger völlig egal sein, ob es sich um ältere oder neue Anlagen handelt. Für ihn besteht genau jenes große Risiko, das man eigentlich als Lehre aus der Katastrophe in Fukushima verringern wollte

Die ersten Ergebnisse des Stresstests für Atommeiler bestätigen die Befürchtungen: Es gibt massive Defizite. Dabei darf dem Bürger völlig egal sein, ob es sich um ältere oder neue Anlagen handelt. Für ihn besteht genau jenes große Risiko, das man eigentlich als Lehre aus der Katastrophe in Fukushima verringern wollte. Doch die Bereitschaft der Regierungen, ihre Anlagen wirklich auf Herz und Nieren prüfen zu lassen, war nicht sehr groß. Einige Male wurden die Kontrolleure schlicht wieder weggeschickt. So bleibt die Frage, was solche Tests bringen. Zumal man eigentlich kaum mehr hätte tun müssen, als sich die Unterlagen der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA anzusehen. Dort liegen die Informationen aller Kraftwerke nämlich vor.Das wahre Ärgernis wird aber der Umgang mit den Ergebnissen sein. Im Umfeld des nächsten EU-Gipfels dürfte Energiekommissar Günther Oettinger sein Fazit mit viel Aufsehen präsentieren. Das war's. Denn Brüssel darf zwar Alarm schlagen, aber eben keine Konsequenzen einfordern. Wer glaubt, er könne auf diese Weise mehr Sicherheit schaffen, irrt sich gewaltig.

Das trifft vor allem den Energiekommissar selbst. Oettinger hatte als einer der Ersten nach den Ereignissen in Japan eine solche Belastungsprobe angeregt und sich anschließend dafür starkgemacht. Stresstests könnten, so seine Spekulation, wenigstens dafür gut sein, europaweit einheitliche Sicherheitsstandards zu entwerfen und diese verpflichtend zu machen. Das wäre ohne Zweifel ein Fortschritt, der natürlich den Gegnern der Kernkraft nicht weit genug geht. Aber solange die deutsche Energiewende mit all ihrer Unbeholfenheit nicht wirklich überzeugend rüberkommt, darf sich niemand wundern, wenn unsere Nachbarn zunächst an der umstrittenen Energiegewinnung festhalten. Deshalb hat Oettinger unterm Strich dann eben doch recht: Solange es Mitgliedstaaten gibt, die in eigener Verantwortung von der Atomenergie überzeugt sind, muss wenigstens alles Denkbare für die Sicherheit getan werden. Die Ergebnisse zeigen, wie notwendig wenigstens das ist.

Die Vorstellung von einer in dieser Frage weitgehend ohnmächtigen EU darf allerdings jeden erschrecken, der weiß, mit welchem Risiko wir da leben. Dass Brüssel zwar Traktor-Sitze regulieren und die Verbraucherfreundlichkeit von Toastern verordnen kann, nicht aber die Sicherheit von Atommeilern einfordern darf, macht sprachlos. Die Verantwortung für die Energieversorgung liegt aus guten Gründen in den Händen der Mitgliedstaaten. Aber so richtig es ist, die Menschen in den Ländern ihren Energie-Mix selbst bestimmen zu lassen, so unverantwortlich bleibt es, Sicherheitsanforderungen nach nationalem Gusto festzulegen.

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