Kein Meisterstück

Nein. Alexander Dobrindts Maut-Konzept ist noch nicht überzeugend.

Es ist voller Unwägbarkeiten, es ist weder innovativ noch intelligent. Und ob der Minister die Vorgaben des Koalitionsvertrages einhalten kann, wird sich erst dann zeigen, wenn Dobrindt seinen detaillierten Gesetzentwurf vorgelegt hat. Gestern wirkte der CSU-Mann jedenfalls so, als ob er selbst noch zweifelte.

Zunächst einmal wird der bürokratische Aufwand für die Erhebung der Pkw-Maut riesig werden. Das liegt an den geplanten Umstellungen bei der Kfz-Steuer, ein Kernelement des Vorhabens. Brüssel will allerdings, dass es keine unmittelbare Verknüpfung zwischen der Maut und einer inländischen Steuer geben soll. Dass diese nicht vorliegt, konnte Dobrindt gestern nicht überzeugend erläutern. Und selbst dann, wenn eine Kompensation über die Kfz-Steuer mit Zustimmung der EU gelingen sollte: Was ist, wenn die Niederländer oder die Dänen als Retourkutsche auf die deutsche Maut ebenfalls eine Maut einführen? Spätestens dann ist doch der hehre Grundsatz, inländische Autofahrer dürfen in der Folge nicht mehr belastet werden, Makulatur.

Auf den ersten Blick scheint Dobrindt zumindest ein Schachzug gelungen zu sein. Mit der Ausweitung auf alle Straßen bremst er die Kritiker aus, die behaupten, die Gebühr werde für massiven Ausweichverkehr sorgen. Aber Dobrindt hat nur diesen einen Zug bedacht. Dass nun die Länder und Kommunen ihren Anteil haben wollen, weil der Bund über ihre Straßen seine Einnahmen zu verbessern trachtet, war absehbar. Auch der Ärger in den Grenzregionen.

Besonders fatal ist allerdings, dass seine Maut keinerlei Lenkungswirkung hat, weder verkehrlich noch ökologisch. Einmal zahlen und dann fahren, so viel man will. So wird das Stauland Deutschland nicht entlastet, so wird der wachsende Verkehr auf den Straßen nicht intelligent gesteuert. Und mal ehrlich: Jährlich fehlen für den Erhalt der Infrastruktur in Deutschland 7,2 Milliarden Euro. Kein Autofahrer sollte glauben, dass dank der Abgabe die Schlaglochmisere ein Ende hat, marode Brücken und kaputte Straßen rasch wieder instand gesetzt werden können. Dafür muss der Bund in den nächsten Jahren noch viel mehr Geld aus dem Haushalt in die Hand nehmen - oder aber die Maut für alle einführen. Das will Schwarz-Rot freilich (noch) nicht.

Diese Maut ist noch längst kein Meisterstück. Sie wirft vor allem ein Schlaglicht auf die Art und Weise, wie die große Koalition Politik gestaltet. Es gilt das Wünsch-Dir-Was-Prinzip. Jetzt war halt die CSU an der Reihe, die eigenen Leute zu beglücken. Wenn das so weiter geht, wird die schwarz-rote Koalition als große Klientel-Koalition in die Geschichtsbücher eingehen.

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