Kampf um den „Soli“

Die Geschichte ist bekannt, doch sollte man immer wieder daran erinnern: Vor nunmehr 112 Jahren wurde in Deutschland die Sektsteuer eingeführt, um damit den Aufbau der kaiserlichen Marine zu finanzieren.

Die Flotte ist längst untergegangen. Aber die Sektsteuer gibt es bis heute. Nun ist es beim Solidaritätszuschlag sicher nicht ganz so dramatisch. Die Abgabe auf die Einkommen-, Kapitalertrag- und Körperschaftsteuerschuld existiert erst seit 1992. Hält man sich die gegenwärtige Debatte vor Augen, dann scheint der Soli aber genauso eine Ewigkeitsgarantie zu besitzen wie die Sektsteuer. Auch wenn er eines Tages nicht mehr Soli-Zuschlag heißen mag - auf die zusätzlichen Einnahmen will der Staat nicht verzichten. Doch wofür braucht er das Geld ?

Ursprünglich waren die zusätzlichen Mittel für die Bewältigung der deutschen Einheit gedacht, aber in der Praxis wird die Abgabe für alle anfallenden Ausgaben im Bundeshaushalt verwendet. Sie ist also keineswegs zweckgebunden. Und sie führt zu nicht unberechtigter Unzufriedenheit in den alten Bundesländern. Dort hat der Soli schon länger ein Akzeptanzproblem. Denn im Zuge des so genannten Solidarpakts erhält der Osten zusätzliches Geld , das man inzwischen auch im Westen vielerorts dringend nötig hätte.

Hinzu kommt: Ohne die finanziellen Extras könnten die Ostländer keine ausgeglichenen Etats vorweisen, von denen viele im Westen nur träumen können. Kein Wunder also, dass sich dort vor allem arme Länder wie das Saarland benachteiligt fühlen. Entsprechend heftig droht nun auch der Verteilungskampf zu werden, denn der Solidarpakt läuft Ende 2019 aus.

Dabei macht es sich allerdings derjenige zu einfach, der wie Wolfgang Schäuble den Soli ohne viel Aufhebens in die Steuertabellen integrieren will. Nötig ist eine schlüssige politische Begründung, die in Ost und West gleichermaßen Akzeptanz finden muss. Schon länger wird darüber diskutiert, die Mittel nicht stur nach der Himmelsrichtung zu vergeben, sondern dorthin, wo der Bedarf am größten ist.

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Auch nach 2019 wird man in den neuen Ländern noch auf besondere Unterstützung angewiesen sein. Das zeigt schon ein Blick auf die so genannte Steuerdeckungsquote, also den Ausgabenteil, der aus eigener Steuerkraft bewältigt werden kann. Im Osten waren es 2012 durchschnittlich nur 58 Prozent, im Westen 75 Prozent. Doch gibt es eben auch in den alten Ländern notleidende Regionen, die dann extra bedacht werden müssten. Für den Steuerzahler würde sich am Ende zwar nichts ändern. Aber das zusätzliche Geld wäre gerechter verteilt und allemal besser legitimiert als der geltende Soli. Von der kaiserlichen Sektsteuer ganz zu schweigen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort