(K)ein Schlag ins Gesicht

Man wird nicht als Papst geboren. Jeder Bischof, der zum Stellvertreter Christi auf Erden erkoren wird, ist als normales Kind aufgewachsen. Franziskus etwa stammt aus einer siebenköpfigen Arbeiterfamilie in Argentinien, wo er die einfache Sprache kennen gelernt hat und das Milieu jener, die mühselig und beladen sind.

Insofern ist Jorge Mario Bergoglio auch ein Mann des Volkes, der seine Herkunft nicht verleugnen kann. Das zeigte schon sein deftiger Appell, die Menschen sollten sich nicht "wie Karnickel" vermehren.

Nun dürfen sich die Christen erneut ungläubig die Augen reiben. Unbekümmert verkündete der Pontifex, ein Klaps oder gar eine Tracht Prügel - das blieb offen - sei in der Erziehung vertretbar, wenn die Bestrafung "mit Würde" und "auf gerechte Weise" (nicht ins Gesicht) geschehe. Eine bemerkenswerte Aussage. Ungeachtet der Frage, aus welchem Recht der Papst die Züchtigung des Nachwuchses ableiten will oder ob es ihm nur um die berühmte Hand geht, die schon mal "ausrutscht": Die kirchlich gesegnete Abreibung ist ein Schritt zurück in längst vergangene Zeiten. Ein wahrhaft falsches Signal.

Es ist nicht das erste Mal, dass Franziskus verbal daneben haut. Der forsche Hinweis, wer seine Frau Mutter beleidige, müsse mit einem ordentlichen Kinnhaken rechnen, ist dafür ein schlagender Beweis. Faustrecht im Vatikan? Da stockt nicht nur dem braven Katholiken der Atem. Allerdings hat Gewalt im Christentum eine beachtliche Tradition, nicht nur während der Inquisition . Sie ist sogar theologisch begründbar, da der Hirte im Himmel seine sündigen Schäfchen im Alten Testament unbarmherzig bestraft. Mit Erbsünde, Sintflut, Feuer und Schwefel. Auch Jesus war nicht zimperlich, als er die Tische der Geldwechsler umkippte und die Pharisäer zornig aus dem Tempel jagte, bevor er dann ans Kreuz genagelt wurde.

Allerdings leben wir mittlerweile im 21. Jahrhundert, die Welt hat sich weiter gedreht, die Menschen sind ein bisschen schlauer geworden. Sie haben sich, wie von Gott befohlen, die Erde untertan gemacht und dabei ein Recht geschaffen, das in nahezu allen Kulturen akzeptiert wird: Kinder genießen besonderen Schutz. Dass das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit nun ausgerechnet vom Papst relativiert wird, ist ein Schlag ins Gesicht all jener, die sich bemühen, das archaische Recht des Stärkeren endlich auszumerzen.

Auch der Heilige Vater muss lernen, dass päpstlicher Segen für den kleinen Klaps falsch interpretiert werden kann. Und zwar nicht nur in bildungsfernen Schichten, denen ja unterstellt wird, Probleme gern nonverbal zu lösen. Was bleibt, ist ein Stoßgebet zum Himmel und die Forderung an alle Kinder dieser Welt: Wachset und wehret euch - mit Worten!

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