US-Sicherheitsberater John Bolton Internationale Gerichte als Zwangsjacke

WASHINGTON · John Bolton ist bekannt für eine Sprache, die auf diplomatische Höflichkeiten weitgehend verzichtet. Außerdem ist er bekannt dafür, multilaterale Organisationen für weitgehend überflüssig zu halten, zumindest dann, wenn sie amerikanischen Interessen im Wege stehen.

 Er hat „America First“ im Blut: Donald Trumps Nationaler Sicherheitsberater John Bolton.

Er hat „America First“ im Blut: Donald Trumps Nationaler Sicherheitsberater John Bolton.

Foto: dpa/Andrew Harnik

Beides hat er nun kombiniert zu einem Angriff auf den Internationalen Strafgerichtshof, den ICC. „Wir werden den ICC sterben lassen. Für uns ist der ICC im Grunde schon tot“, polterte der Sicherheitsberater Donald Trumps, als er am Montag seine erste Grundsatzrede im neuen Amt hielt. Seit April arbeitet Bolton im Weißen Haus, wie kaum ein Zweiter steht er für eine Denkschule, die im Zweifelsfall auf Alleingänge setzt. Als ihn der Präsident in sein Küchenkabinett holte, setzte er auf einen Hardliner, der das „America first“ längst verinnerlicht hatte.

Von Bolton, den George W. Bush einst zum UNO-Botschafter ernannte, stammt der Satz, dass es keinen Unterschied machen würde, würde das UN-Hauptquartier in New York zehn seiner 38 Stockwerke verlieren. Trump hat sich vom Pariser Klimaabkommen verabschiedet, er hat den Menschenrechtsrat der UNO verlassen und droht damit, sich aus der WTO zurückzuziehen. Die Attacke gegen den ICC ist das aktuellste Beispiel für eine Weltsicht, in der internationale Institutionen nur so etwas wie Zwangsjacken sind, die Amerika an der Entfaltung seiner Macht hindern.

Das Strafgericht, polemisiert Bolton, schulde keinem Wähler Rechenschaft, es sei ineffizient und geradezu gefährlich. Im Übrigen ließen sich Diktatoren nicht durch „Fantasien internationalen Rechts“ abschrecken. Abschreckung bestehe allein in dem, was Franklin D. Roosevelt die rechtschaffene Macht der USA und ihrer Verbündeten nannte.

Der Anlass: Im November hat Fatou Bensouda, die aus Gambia stammende Chefklägerin des Gerichts in Den Haag, um grünes Licht für Ermittlungen in Afghanistan gebeten. Vorläufige Beweise ließen den Schluss zu, dass US-Soldaten sowie Geheimdienstagenten am Hindukusch Kriegsverbrechen begangen hätten, beispielsweise, indem sie Gefangene folterten. Bevor das Verfahren überhaupt in Gang kommen kann, bläst Bolton zur Gegenoffensive.

Sollte der ICC Untersuchungen aufnehmen, droht er, werde man Richtern wie Ermittlern das Betreten der USA verbieten, Bankguthaben einfrieren und sie vor US-Gerichten verklagen. Das gelte auch für Unternehmen und Staaten, die Recherchen unterstützten. Diese nämlich richteten sich gegen Patrioten, die ihr Leben riskierten, um die Nation nach den Anschlägen vom 11. September 2001 zu schützen. Jedenfalls werde man nicht tatenlos zusehen, wenn den eigenen Bürgern oder denen verbündeter Länder Strafverfolgung durch eine „illegitime“ Instanz drohe.

Die Haltung ist nicht neu. Seit der ICC im Juli 2002 seine Arbeit aufnahm, sind ihm die USA ferngeblieben. Unter Bill Clinton hatten sie zwar mitgewirkt an den 1998 unterzeichneten Gründungsstatuten, sie dann aber nicht ratifiziert. Unter George W. Bush war es maßgeblich Bolton, Staatssekretär im Außenministerium, der rigoros den eigenen Kurs fuhr. Von über 100 Staaten ließ er sich zusichern, dass sie auf eine Klage in Den Haag verzichten, wann immer es einen Konflikt mit Washington geben sollte. Unter Barack Obama lockerte das Weiße Haus seine Haltung, indem es bestimmte Ermittlungen unterstützte, ohne allerdings einen Beitritt zu befürworten. Mit Trump und Bolton geht es nun wieder zurück zum Ausgangspunkt.

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