Jetzt bleibt nur Rücktritt

Meinung · Italiens Verfassungsrichter haben ihrem Land gestern Abend einen großen Dienst erwiesen. Sie zeigten ihren Landsleuten und dem Ausland, dass zwischen Bozen und Palermo doch noch jemand anders den Ton angeben kann als Silvio Berlusconi, nämlich die Verfassung. Das Gericht erklärte ein Gesetz für verfassungswidrig, das den Regierungschef vor Strafverfolgung schützte

Italiens Verfassungsrichter haben ihrem Land gestern Abend einen großen Dienst erwiesen. Sie zeigten ihren Landsleuten und dem Ausland, dass zwischen Bozen und Palermo doch noch jemand anders den Ton angeben kann als Silvio Berlusconi, nämlich die Verfassung. Das Gericht erklärte ein Gesetz für verfassungswidrig, das den Regierungschef vor Strafverfolgung schützte. Er, der sich als bester Ministerpräsident seit 150 Jahren bezeichnete und glaubte, sich Gesetze auf den Leib schneidern zu können, hat nun seinen Meister in einer unabhängigen Justiz gefunden. Kein Wunder, dass diese ihm all die Jahre ein Dorn im Auge war. Nun kann es nur eine Konsequenz geben: Rücktritt. Denn Berlusconis Anwälte hatten das Gesetz damit begründet, dass ein Ministerpräsident sich nicht um das Wohl des Landes kümmern könne, wenn er sich gleichzeitig dem Zugriff der Justiz ausgesetzt sehe. Das ist richtig. Doch eigentlich müsste die Schlussfolgerung so lauten: Ein Ministerpräsident, der sich nicht um das Wohl seines Landes kümmern kann, weil er dem Zugriff der Justiz ausgesetzt ist, kann nicht Ministerpräsident bleiben. Denn er beschädigt sein Land. Berlusconi hätte schon zurücktreten müssen, als seine peinlichen Partys mit jungen Frauen bekannt wurden. Spätestens aber, als vor wenigen Tagen in einer Urteilsbegründung der Satz zu lesen war: "Man kann sagen, dass Silvio Berlusconi mitverantwortlich in dem Korruptions-Skandal ist." Italien kann sich die Luxusdiskussion der vergangenen Jahre nicht mehr leisten, die immer auf die Frage hinauslief: Bist du für oder gegen Berlusconi? Während gut ausgebildete, junge Leute ins Ausland fliehen, weil sie nur dort Perspektiven für sich sehen, sorgt sich die Politik nicht etwa um drängende Sachfragen. Nein, alles kreist allein um "ihn". Am Wochenende gingen Zehntausende gegen Berlusconis Medienmacht auf die Straße. Hunderttausende wollen sich bei einer Großdemonstration solidarisch mit dem "Cavaliere" erklären. Doch gegen Korruption und Schlamperei demonstriert niemand. Sie sind der Grund, weshalb etwa auf Sizilien Häuser in gefährliche Hanglagen gebaut werden konnten - ohne Genehmigung. Aber keiner zeigt auf diejenigen, die für solche Skandale konkrete Verantwortung tragen. All dieses zeigt: Erst wenn Silvio Berlusconi von der politischen Bühne abtritt, kann sich Italien wieder bewegen. Die tiefen Gräben zwischen Links und Rechts könnten überwunden werden. Internationales Ansehen, von Berlusconi schwer beschädigt, wäre überhaupt wieder vorhanden. Nach 15 Jahren muss der "Cavaliere" seine Landsleute endlich von der peinlichen Frage erlösen: Wie kann es bloß sein, dass ihr Berlusconi wählt?

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