Jahrhundert-Sinfonie

Meinung · Auf die nächsten 100! Das sagt sich so leicht. Und natürlich wünschte man dem Staatsorchester, dieser saarländischen Kultur-Institution, eben dieses: unangefochtenes Weiterarbeiten. Ohne Debatten über Geld und Besucherzahlen

Auf die nächsten 100! Das sagt sich so leicht. Und natürlich wünschte man dem Staatsorchester, dieser saarländischen Kultur-Institution, eben dieses: unangefochtenes Weiterarbeiten. Ohne Debatten über Geld und Besucherzahlen. Doch bei aller Freude über ein Jahrhundert unvergesslicher Musikerlebnisse in der Oper wie auf der Konzertbühne, auch bei den wohl gesetzten Worten der Politik und Förderer, die zum Festakt am Sonntag im Staatstheater erwartbar sind, ein Jubel in reinem C-Dur fällt schwer.Warum? Nur ein Beispiel: Dass beim Jubiläumskonzert am Donnerstag, EM-Fußballabend hin oder her, Plätze leer blieben - eigentlich eine Schande. Und es muss bedenklich stimmen, dass der Altersschnitt des Orchesters Jahrzehnte unter dem seines meist grauschöpfigen Publikums liegt. Die Zuhörer von morgen: Sie kommen nicht (mehr) von selbst. Kultur gilt nicht mehr als bürgerliche Pflichtübung.

Nein, neu sind solche Erkenntnisse nicht. Alle Kulturorchester in Deutschland schlagen sich mit solchen Problemen herum, seit Jahren - trotz engagierter Jugendförderung, Familienkonzerten, Schulprojekten. Und ja: Wen etwa die majestätische Schönheit von Schuberts großer C-Dur-Sinfonie nicht packt, wird in einem fast 90-köpfigen Orchester puren Luxus sehen. Wie soll der begreifen, dass Menschen von Kleinkindesbeinen an täglich üben, studieren, 20 Jahre investieren, um Musiker zu werden? So jemand schaut aufs Geld. Rechnet nach, dass ein dicker Batzen der 25 Förder-Millionen pro Jahr fürs Staatstheater dem Orchester zufließen. So jemand fixiert dann wohl auch im Koalitionsvertrag von CDU und SPD, dass das Staatstheater zwar ein Dreisparten-Haus bleibt - man aber eine "engere Verzahnung" mit der Deutschen Radiophilharmonie, dem anderen bedeutenden Orchester hierzulande, prüfen wolle. Motto: Ein Orchester reicht ja. Was in etwa so sinnig wäre, wie den 1. FC Kaiserslautern und den 1. FCS zu fusionieren, weil beide Fußball spielen.

Wer die Eigenständigkeit des Saarlandes hochhält, kann dies aber nicht bei der Frage belassen, ob wir in Saarbrücken oder von Mainz aus regiert werden. Unser Staatstheater, unser Saarlandmuseum, unser Weltkulturerbe Völklinger Hütte, unser Staatsorchester und auch unsere Radiophilharmonie sind genauso Ausdruck dieser Selbstbehauptung. Weil sie Kultur in Profi-Güte hier erlebbar machen. Und auch ein kleines Bundesland kann da beispielhaft vorangehen, indem es etwa eine allgemeine musikalische Bildung vom Kindergarten an fördert, sich einen echten Konzertsaal für Jugend- und Profimusiker leistet, und vor allem Kulturträger wie eben das Staatsorchester ohne wenn und aber absichert. So kann man es dann gut sagen: Auf die nächsten 100 Jahre!

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