NRW-Ministerpräsident wird hoch gehandelt Ist Laschet ein Kandidat fürs Kanzleramt?

Düsseldorf · Noch ist Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) entspannt. Seine ersten Termine nach ein paar Tagen Urlaub am Bodensee waren Regierungsroutine: Er hat die Ruhrtriennale eröffnet und ein paar Orden verliehen.

  Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen

 Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen

Foto: dpa/Henning Kaiser

Aber an diesem Montag nimmt das NRW-Parlament die Arbeit wieder auf. Was jetzt auf den Frontmann der NRW-CDU zukommt, hat mit Routine nicht viel zu tun. Das Ende der Sommerpause markiert den Auftakt seiner bislang wichtigsten Bewährungsprobe, und das gesamte politische Deutschland schaut ihm dabei zu. Die K-Frage nimmt Fahrt auf. Laschet wird hoch gehandelt. Und alle fragen sich: Kann er auch Kanzler?

Dass der 58-jährige Aachener neben Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer und Polit-Rückkehrer Friedrich Merz überhaupt gehandelt wird, ist bereits bemerkenswert. Vor wenigen Jahren hatte ihm seine eigene Partei nicht einmal den Fraktionsvorsitz im Landtag zugetraut. Laschet zog 2017 als Verlegenheitskandidat in den Landtagswahlkampf.

Aber mit dem Bezwingen der rot-grünen Vorgängerregierung im angeblichen SPD-Stammland NRW, dem Schmieden der immer noch einzigen schwarz-gelben Koalition auf Landesebene und ein paar populären Sofort-Projekten wie der Abschaffung des Turbo-Abis und der Aufstockung der Polizei arbeitet Laschet sich in Rekordzeit in die erste Reihe der Bundes-CDU vor. Gezielt lässt er seine Staatskanzlei Treffen mit Hochkarätern aus dem Ausland arrangieren und inszeniert sich als Staatsmann. Mit Stil, wie selbst Oppositionspolitiker hinter vorgehaltener Hand zugeben. In Berlin zieht Laschet die innerparteilichen Strippen mit genau so viel Geräusch, dass alle Mächtigen es hören, und er pflegt seine Talkshow-Präsenz.

Das reicht aber nicht. Nach dem Wahlerfolg braucht Laschet im Rennen um das Kanzleramt auch Regierungserfolge, muss beweisen, dass er Wort hält. Genüsslich hält die Opposition in Düsseldorf ihm seine unerledigte Aufgabenliste vor: Was ist aus der im Koalitionsvertrag versprochenen Entlastung der Bürger bei der Grunderwerbssteuer geworden? Gar nichts. Obwohl die Landesregierung sie mit einem Federstrich beschließen könnte. Warum stellt Schwarz-Gelb die im Koalitionsvertrag versprochene Abschaffung der Mietpreisbremse wieder in Frage? Angeblich weil plötzlich ein Gutachten darüber entscheiden soll. Wann kommen die angekündigten Studiengebühren für Ausländer? Dem Vernehmen nach nie. Was wurde aus dem versprochenen Bürokratieabbau? Erst einmal 421 zusätzliche Stellen in der Ministerialbürokratie. Und von der Öffnung des Polizeidienstes für Realschüler hört man auch nicht mehr viel.

Anfang des Jahres stellte sich in der Düsseldorfer Staatskanzlei Ernüchterung ein: In einer Umfrage waren nur noch 37 Prozent der NRW-Bürger mit Laschets Arbeit zufrieden. Inzwischen haben sich seine Umfragewerte wieder verbessert. Doch noch immer trommelt eine Phalanx von Volksbewegungen gegen seine Politik: Von den Gegnern der Straßenbaugebühren über die selbst ernannten Beschützer des Hambacher Waldes bis zu jenem mächtigen Bündnis für mehr günstigen Wohnraum, das auch große Teile des bürgerlichen Lagers auf die Straße treibt. Laschet läuft die Zeit davon.

Nach beachtlichen Anfangserfolgen hat Laschets Landesregierung an Schwung verloren. Bislang wurde seine Regierung vor allem von üppigen Mehrausgaben getragen. Wenn jetzt aber Konjunktur und Steuereinnahmen wie erwartet wegbrechen, muss der fröhliche Rheinländer inmitten der Debatte um seine mögliche Kanzlerkandidatur ausgerechnet das machen, was er am wenigsten kann: sparen.

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