Irritierende Botschaften

Die Wahlen in Brandenburg und Thüringen hinterlassen, wie schon der Urnengang vor drei Wochen in Sachsen, irritierende und widersprüchliche Botschaften. Schwierige Fragen stellen sich vor allem für die beiden Vorsitzenden der Parteien der großen Koalition in Berlin, Angela Merkel (CDU ) und Sigmar Gabriel (SPD ) .Merkels Union bleibt zwar stärkste Kraft in Erfurt und pokert in Potsdam um die Macht mit.

Aber das ist wegen des gleichzeitigen phänomenalen Erfolgs der Alternative für Deutschland womöglich nur ein Phyrrussieg. Wenn es der AfD nämlich gelingt, sich nach nunmehr vier Erfolgen in Serie auch intern zu stabilisieren, bekommt die CDU das, was sie bisher immer mit Erfolg verhindert hat: eine Konkurrenz von Rechts auch auf Bundesebene.

Angela Merkel, die daran mit ihrer Kursbestimmung Anteil hat, wird intern nun verstärkt gefragt werden, wie sie die konservativen Wähler besser binden will. Und wie man mit der AfD künftig umgehen soll. Ewig lässt sich diese Partei nicht in die Schmuddelecke verbannen, dazu ist sie viel zu sehr Fleisch vom Fleische der CDU . Zumal die AfD offenbar daran geht, die Liberalen endgültig ins politische Nirwana zu schicken. Und zwar mit Schmackes. Irritierend ist freilich auch, warum die AfD gerade im Osten so stark gewählt wird. Ihre ursprüngliche Botschaft, die sehr spezielle, professorale Kritik ihrer Führungspersonen am Mechanismus der Euro-Rettung, wird es kaum gewesen sein. Erhebt da wieder ein dumpfes Protestpotenzial sein Haupt? Wenn ja: Woher kommt das, wo es doch im Osten auch bei den Arbeitslosenzahlen endlich besser wurde? Und wohin treibt es? Dass nur noch die Hälfte der Wähler von ihrem vor genau 25 Jahren hart erkämpften Wahlrecht Gebrauch macht, bereitet zusätzlich Sorgen. Und zwar allen Parteien.

Die zweite Botschaft dieses Sonntags heißt: Mitregieren ist auch Mist, um ein Wort von Ex-SPD-Chef Franz Müntefering ("Opposition ist Mist") abzuwandeln. Was lernt SPD-Chef Sigmar Gabriel daraus, der in Berlin genauso brav mitregiert, wie es seine Partei in Thüringen getan hat? Sie wurde dort regelrecht abgestraft. Die Linke wird sich das ebenfalls fragen - sie war kleinerer Regierungspartner in Brandenburg und hat massiv verloren. Alles nur Landespolitik, wie Gabriel beschwichtigend meint? Oder ist das Ergebnis nicht viel eher Ausdruck der Tatsache, dass derjenige, der gewählt werden will, eine eigene Machtperspektive braucht? So wie der Linke Bodo Ramelow in Thüringen , den die gute Chance ganz nah ans Ministerpräsidentenamt gebracht hat.

Sigmar Gabriel hat eine solche Ausgangsposition nicht. Und er kann nicht erklären, wie er sie je bekommen will. Nach diesem Wahlsonntag erst recht nicht.

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