Maduro oder Guaidó? In Venezuela droht die blutige Entscheidung

Caracas/Mexiko-STADT · Wenige Stunden vor dem möglichen Showdown zwischen Opposition und Regierung um die humanitäre Hilfe hat Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro die Grenze zu Brasilien schließen lassen und damit gedroht, auch die 2300 Kilometer lange Grenze zu Kolumbien abzuriegeln.

 Nicolas Maduro (li.) und Juan Guaidó streiten um die Macht. 

Nicolas Maduro (li.) und Juan Guaidó streiten um die Macht. 

Foto: dpa/Rayner Pena

Die Regierung in Caracas will damit verhindern, dass von den USA bereitgestellte und von der Opposition geforderte Hilfslieferungen ins Land gelangen. Nur kurze Zeit später erließ der selbsternannte Übergangspräsident Juan Guaidó ein „Präsidentendekret“, in dem er die venezolanischen Truppen aufforderte, die Grenzen offen und an diesem Samstag die Hilfe passieren zu lassen. In der über Twitter verbreiteten Erklärung heißt es: „In meiner Funktion als Oberbefehlshaber der Streitkräfte befehle ich, die Grenzen nicht zu schließen.“

Am Wochenende wird sich mutmaßlich in der kolumbianischen Grenzstadt Cúcuta zeigen, wem die Truppen gehorchen. Bisher hat Maduro noch die Streitkräfte und vor allem die Generäle auf seiner Seite. Guiadó fuhr am Freitag in einer Karawane von Caracas aus an die 900 Kilometer entfernte Grenze, um dort die 600 Tonnen Medikamente und Nahrungsmittel mit seinen Anhängern und anderen Abgeordneten der oppositionellen Nationalversammlung in Empfang zu nehmen. „Wir brechen mit leeren Fahrzeugen auf, aber wir werden beladen mit Kisten voller Hilfsgüter zurückkehren!“ sagte die Oppositionsabgeordnete Delsa Solorzano, die an dem Konvoi teilnahm. Wie das geschehen soll angesichts der zu allen Seiten verschlossenen Grenzen hat Guaidó aber nicht gesagt, angeblich, um Maduro keine Zeit zum Reagieren zu geben. Eigenen Angaben zufolge aber hat der Oppositionsführer 600 000 Freiwillige mobilisiert, die an der Grenze Druck auf die Soldaten und Milizen machen sollen.

Maduro hat Berichten zufolge Truppen aller Einheiten an die kolumbianische Grenze beordert, darunter offenbar auch die gefürchtete Polizeisondereinheit FAES. Selbst Raketenwerfer sollen in Stellung gebracht worden sein. Die Streitkräfte blieben in Alarmbereitschaft, um „jegliche Verletzung der territorialen Integrität“ zu vermeiden, versicherte am Freitag Verteidigungsminister Vladimir Padrino López.

Beobachter fürchten, dass es bei dieser Lage leicht zu gewaltsamen Auseinandersetzungen kommen kann. Dabei sei auch die Kriegsrhetorik von Maduro und US-Präsident Donald Trump eine Gefahr, sagt Adam Isacson vom Washingtoner Büro für Lateinamerika: „Bei einer politisch so aufgeladenen Situation genügt ein Funken, und es kann schlimm ausgehen.“ Besonders die US-Regierung mischt sich massiv in den Konflikt in Venezuela ein und nutzt die humanitäre Hilfe als politisches Instrument. Sicherheitsberater John Bolton drohte Maduro bereits offen mit Inhaftierung in Guantánamo und empfahl die Entsendung von Truppen nach Kolumbien. Für Bolton gehört Venezuela zusammen mit Kuba und Nicaragua zur „Troika der Tyrannei“.

Laut Experte Isacson kann sich die starke Einmischung der USA für Guaidó zum Bumerang entwickeln. „Überall in Lateinamerika ist es ein Risiko, wenn sich ein Politiker zu nah an die USA schmiegt.“ Und eine Regierung wie die von Maduro, die ein anti-imperialistisches Narrativ pflegt, könne das dazu nutzen, ihre Basis stärker hinter sich zu bringen. Dementsprechend versuchen die gemäßigteren Kräfte im Oppositionslager auch, sich von den USA abzugrenzen.. „Wir Venezolaner sind die einzigen Protagonisten der Geschichte, die wir jetzt schreiben“, sagt Miguel Pizarro von der Partei „Primero Justicia“. Es könnte eine blutige Geschichte werden.

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